Möglichst viele Perspektiven auf die Förderung von Exzellenzclustern in der Exzellenzstrategie zusammenzubringen und aus den ersten Erfahrungen der laufenden Förderrunde bereits jetzt für die kommende Wettbewerbsphase zu lernen – dies waren die Ziele des von der DFG veranstalteten virtuellen „Gesprächsforums Exzellenzcluster 2021“. Mehr als 250 Teilnehmerinnen und Teilnehmer diskutierten zwei Tage lang engagiert aktuelle Herausforderungen und künftige Weichenstellungen für die Zukunft dieser besonderen Variante universitärer Spitzenforschung im Verbund.
Der Zeitpunkt mochte auf den ersten Blick früh erscheinen, doch nur auf den ersten. Seit dem 1. Januar 2019 werden in der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder jene 57 Exzellenzcluster gefördert, die sich in der ersten Runde des Wettbewerbs zur Stärkung der Spitzenforschung an den Hochschulen in Deutschland mit ihren Förderanträgen durchgesetzt hatten und Ende September 2018 von Wissenschaft und Politik gemeinsam in der Exzellenzkommission bewilligt worden waren. Gerade ein Drittel der siebenjährigen Förderung liegt damit hinter den Clustern und den sie tragenden Hochschulen, der DFG als der die Förderlinie Exzellenzcluster in der Exzellenzstrategie durchführenden Organisation, der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz des Bundes und der Länder (GWK) als dem Zusammenschluss der Mittelgeber und politischen Initiatoren des Programms und hinter allen weiteren Beteiligten in Wissenschaft, Wissenschaftssystem und -politik. Und noch sind es viereinhalb Jahre bis zum Ende der ersten Förderrunde für die Cluster.
Und doch war es an der richtigen Zeit, als die DFG in diesem Frühjahr zu ihrem neuformatigen „Gesprächsforum Exzellenzcluster“ einlud, das ebenso aktuelle Bestandsaufnahme wie ein Blick in die Zukunft sein sollte. Denn diese Zukunft beginnt weit früher als die 2026 startende zweite Runde der Clusterförderung. Für den Weg dorthin müssen möglichst bald und spätestens im kommenden Jahr die ersten Weichen gestellt werden, und die Diskussion darüber hat bereits jetzt begonnen.
Dabei wird, im positiven Sinne, schon jetzt auch deutlich, wie viel auf dem Spiel steht. Denn bereits die bisherige Förderung der 57 Cluster hat zu einer weiteren Stärkung und Sichtbarmachung der Spitzenforschung an den deutschen Hochschulen im weltweiten Wettbewerb geführt. Dieser Erfolg wird sich jedoch nur fortsetzen und weiter nutzen lassen, wenn auch in der zweiten Runde die Rahmenbedingungen stimmen. Darauf hatte im Frühjahr bereits das mit 39 renommierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus aller Welt besetzte Expertengremium für die Exzellenzstrategie in aller Deutlichkeit hingewiesen. In einer Stellungnahme hatte sich das auf Vorschlag der DFG und des Wissenschaftsrates (WR) von der GWK besetzte Gremium daher für eine substanzielle Aufstockung des Finanzierungsrahmens ausgesprochen.
„Hier und heute ist deshalb ein guter, wenn nicht gar der beste Moment, Erfahrungen, Eindrücke und Erwartungen miteinander zu teilen und darüber in den Austausch zu treten“, konnte die Präsidentin der DFG, Professorin Dr. Katja Becker, Ende April zur Eröffnung des zweitägigen Gesprächsforums deshalb auch unterstreichen.
Die Hoffnung, möglichst viele Blicke aus verschiedensten Richtungen zusammenzubringen, hatte sich dabei bereits erfüllt: Neben den Sprecherinnen und Sprechern aller in der laufenden Wettbewerbsrunde geförderten Cluster und auch von nicht bewilligten Clusteranträgen nahmen Mitglieder zahlreicher Hochschulleitungen, des Expertengremiums, vom WR als der die Förderlinie Exzellenzuniversitäten in der Exzellenzstrategie durchführenden Organisation sowie aus weiteren Wissenschaftsorganisationen und aus der Wissenschaftspolitik am Forum und seinen Diskussionen teil. Dass diese virtuell stattfanden, tat der Lebendigkeit und Spontanität des Austauschs keinen Abbruch.
Dieser Austausch erfolgte zunächst in sechs Workshops, die am Nachmittag des ersten und Vormittag des zweiten Veranstaltungstages stattfanden und sowohl altbekannte als auch gänzlich neuartige Themen und Fragestellungen hatten.
Zu den „Klassikern“ in der Diskussion um die Förderung exzellenter Forschung gehören dabei die im gleichnamigen Workshop diskutierten „Herausforderungen im Begutachtungsprozess“. Die von DFG-Vizepräsident Professor Dr. Roland Fischer moderierte Runde zeigte bereits beispielhaft, wie vielfältig und verschieden die an der Exzellenzstrategie beteiligten Akteurinnen und Akteure sind – und damit auch deren Erwartungen. Für die antragstellenden Hochschulen sowie die am Antrag beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler kulminieren im Begutachtungsprozess erhebliche Hoffnungen auf eine erfolgreiche Antragstellung und Förderung; die Mitglieder der Begutachtungsgruppen erwarten umfassende, spannende und bewertbare Informationen; das Entscheidungsgremium benötigt eine tragfähige Grundlage für die anstehenden Entscheidungen, und die Geschäftsstelle der DFG hat die Aufgabe, einen austarierten Prozess zu gewährleisten. Neben den daraus resultierenden Fragen der Organisation wurden in diesem Workshop auch Begutachtungskriterien angesprochen, das sich zunehmend verändernde Bewusstsein für die Bedeutung von Diversität in Wissenschaft und Begutachtung eingeschlossen.
Mit den ebenfalls sehr vielfältigen und verschiedenartigen „strukturellen Rahmenbedingungen von Exzellenzclustern“ beschäftigte sich ein zweiter Workshop, den DFG-Vizepräsidentin Professorin Dr. Britta Siegmund moderierte. Zunächst in Impulsstatements von sechs Sprechern aktuell geförderter Cluster und dann in der Diskussion mit den übrigen Teilnehmerinnen und Teilnehmern ging es hier um die Frage, welche Vor- und Nachteile die jeweils ganz individuellen Konstellationen von rechtlich-politischen (Hochschulgesetze, Universitätsverfassung, Berufungsrecht), infrastrukturellen (Gebäude, Geräte), standorttypischen (Größe der Hochschule, Vorhandensein oder Nähe außeruniversitärer Partner, Vorhandensein weiterer großer Forschungsverbünde am Standort) und organisatorischen (interne Verfasstheit des Clusters, Einbettung in die Strukturen der Hochschule) Rahmenbedingungen mit sich bringen und inwiefern diese die Forschung in großen Verbünden prägen.
Nahe an den Vorbereitungen für eine zweite Wettbewerbsrunde waren auch die Themen zweier weiterer Workshops. Moderiert von DFG-Vizepräsident Professor Dr. Axel Brakhage wurden dabei zum einen „Erfolgsbedingungen für multidisziplinäre Forschungsverbünde“ diskutiert. Wie sich Räume für erkenntnisgeleitete Forschung in gleichermaßen großen, koordinierten und kooperativen Forschungsprojekten konzipieren lassen, wie neue und tragfähige Ansätze über Fächer und Fächerkulturen konstruiert werden können und nicht zuletzt, welche Gestaltungsräume die charakteristische Formatoffenheit der Förderlinie Exzellenzcluster in der Exzellenzstrategie eröffnet, auch und gerade im Vergleich zu anderen Programmen mit klaren Formatvorgaben – dies waren hier die wichtigsten Fragen.
Den Blick auf „neue Initiativen und Fortsetzungen“ lenkte der Workshop, der von DFG-Vizepräsidentin Professorin Dr. Marlis Hochbruck moderiert wurde und herausarbeitete, mit welchen spezifischen Herausforderungen sich die denkbaren zwei Formen künftiger Clusteranträge konfrontiert sehen. Denn während etablierte Verbünde vor der Aufgabe stehen, auf einem von ihnen seit vielen Jahren bearbeiteten Feld weitere neue und zukunftweisende Forschungsfragen zu identifizieren, müssen Cluster in Planung stärker mit ihrem Potenzial als mit bereits Geleistetem überzeugen. Beides aber ist relevant für den kommenden Wettbewerb, in dem Fortsetzungsanträge und Neuanträge unmittelbar in Konkurrenz zueinander stehen werden, was wiederum eng mit der Frage der Fördermöglichkeiten sowie des finanziellen Rahmens der Exzellenzstrategie verbunden ist.
Während dies noch Zukunftsmusik ist, beschäftigen die „Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie“ die in der laufenden Förderung befindlichen Exzellenzcluster auf ganz aktuelle, alltägliche und vor allem nicht vorhersehbare Weise. Sie waren deshalb Thema eines eigenen Workshops, der von der Generalsekretärin der DFG, Dr. Heide Ahrens, moderiert wurde. Nachdem zunächst zwei Cluster beispielhaft über die Folgen der Pandemie für die Inhalte und die Organisation ihrer Arbeit berichtet hatten, stellte die Geschäftsstelle der DFG die angebotenen Hilfs- und Entlastungsmaßnahmen etwa durch eine flexible Mittelverwendung vor. In der anschließenden Diskussion weitete sich der Blick dann auf das gesamte deutsche Wissenschaftssystem im Zeichen des Virus.
Als zweites besonders aktuelles Thema war schließlich auch die „Wissenschaftskommunikation“ mit einem eigenen Workshop im Programm des Forums vertreten, schließlich ist sie und ist der Dialog zwischen Wissenschaft, Politik und Gesellschaft als Ganzes im Zuge der Pandemie in den Fokus allgemeiner Aufmerksamkeit gerückt. Der von Professorin Dr. Annette Leßmöllmann vom Department für Wissenschaftskommunikation am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) moderierte Workshop mit Praxisbeispielen aus Clustern und von ausländischen Hochschulen zeigte freilich ebenso, wie wichtig eine professionelle Wissenschaftskommunikation auch unabhängig von Corona war und ist – und dass gerade Exzellenzcluster aufgrund ihrer herausragenden Position in der Wissenschaftslandschaft nicht nur prädestiniert für eine solche Kommunikation sind, sondern sie vielfach auch bereits mit großem Erfolg betreiben. Dass die Bedeutung der Wissenschaftskommunikation künftig eher noch zunehmen wird, auch in der Exzellenzstrategie, stand als Fazit am Ende dieses Workshops.
Die so unterschiedlichen Themen und Inhalte aus den sechs Workshops für alle mehr als 250 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Veranstaltung aufzubereiten und mit ihnen zu diskutieren, war dann am Ende beider Tage das Ziel einer abschließenden Plenarrunde. Nicht nur wurde dieses Ziel erfüllt – die Abschlussdiskussionen waren dann auch der Ort, wo das Gesprächsforum besonders eng in Bezug gesetzt wurde zu den angelaufenen grundsätzlichen Diskussionen um die Weiterentwicklung der Exzellenzstrategie insgesamt und speziell der Förderlinie der Cluster. Und nicht zuletzt in den zusammenfassenden Diskussionsbeiträgen zeigte sich dann auch beides: die aktuelle Aufbruchsstimmung und die ganz deutliche Erwartung, die Weichen für die zweite Wettbewerbs- und Förderrunde möglichst frühzeitig in die richtige Richtung zu stellen.
Diesen doppelten Impuls aus dem „Gesprächsforum Exzellenzcluster 2021“ will auch die DFG eng in ihre eigenen Überlegungen zur weiteren Ausgestaltung der Förderlinie Exzellenzcluster und in ihren kommenden Austausch mit Politik und Wissenschaft im Sinne eines fairen und wissenschaftsgeleiteten Fortgangs der Exzellenzförderung einbeziehen, wie Präsidentin Katja Becker zum Abschluss des Treffens zusicherte.