„In Amerika gewesen“: Deutsche Forschende in den USA und Kanada im Gespräch

Dr. Theophilos Dimitrios Tzaridis

Dr. Theophilos Dimitrios Tzaridis

© Privat

(20.04.22) Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert mit dem Forschungsstipendium und seit 2019 mit dem Walter Benjamin-Stipendium die Grundsteinlegung für wissenschaftliche Karrieren durch Finanzierung eines eigenen, unabhängigen Forschungsvorhabens im Ausland und seit 2019 auch in Deutschland. Ein großer Teil dieser Stipendien wird in den USA und zu einem kleineren Teil auch in Kanada wahrgenommen, Ausdruck einer in vielen Disziplinen und in besonderem Maße in den Lebenswissenschaften herrschenden Überzeugung, dass es hilfreich für die Karriere sei, „in Amerika gewesen“ zu sein. In einer Reihe von Gesprächen möchten wir Ihnen einen Eindruck von der Bandbreite der DFG-Geförderten vermitteln. In dieser Ausgabe schauen wir, wer sich hinter der Fördernummer TZ 102 verbirgt.

DFG: Lieber Herr Dr. Tzaridis, herzlichen Dank, dass Sie sich die Zeit für ein Gespräch mit dem Nordamerika-Büro der DFG nehmen. Ihr Lebenslauf weist Sie als in Thessaloniki geboren aus, dem kulturellen Zentrum Mazedoniens. Sie heißen aber nicht Alexander mit erstem oder wenigstens zweitem Vornamen. War da was in Vergessenheit geraten?

Theophilos Dimitrios Tzaridis (TDT): Herzlichen Dank auch von meiner Seite, zunächst einmal für das Stipendium, das mir hier in San Diego einen sehr ertragreichen Forschungsaufenthalt ermöglicht, und dann natürlich auch für die Gelegenheit, etwas mehr über meine persönliche Geschichte zu sprechen, als es in einem professionellen CV angemessen wäre. Alexander der Große ist mit seinen Stärken und Schwächen in Thessaloniki so tief verankert, dass er bei der Namensgebung von Babys stets mitbedacht wird und deshalb in Geburtsurkunden gar nicht eigens erwähnt werden muss. Theophilos war der Vorname meines Großvaters und mein Zweitname Dimitrios stammt von dem Heiligen Demetrios, dem Schutzpatron von Thessaloniki.

DFG: Sie haben Ihre Schulzeit in Thessaloniki verbracht, sind dann aber zum Studium der Humanmedizin nach Heidelberg gegangen. Wie kam das?

TDT: Die deutsche Kultur und Bildung haben trotz der zahlreichen Verwerfungen während der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Griechenland einen sehr hohen Stellenwert. Angesichts dessen wollten meine Eltern für mich eine Alternative für eine Karriere außerhalb Griechenlands eröffnen und sie schickten mich auf die Deutsche Schule in Thessaloniki. Meine Eltern sind übrigens beides Juristen und bis Ende der Mittelstufe hätte ich mir auch sehr gut eine juristische oder diplomatische Laufbahn für mich vorstellen können, vielleicht sogar eine Karriere in einer internationalen Organisation, denn zumindest mit Sprachen stand ich nie auf Kriegsfuß. Was mich dann letztlich davon abgehalten hat, ist mir noch gar nicht so klar. Vielleicht hat da auch die Aufführung von Friedrich Dürrenmatts „Der Besuch der alten Dame“ an unserer Schule eine Rolle gespielt, bei der ich den Alfred Ill gespielt habe. Sie kennen ja diese groteske Tragödie um die Korrumpierbarkeit und Doppelbödigkeit von Menschen und Politik. Da war dann der Eid des Hippokrates in seiner Eindeutigkeit schon eher etwas für mich.

Simone und Theophilos Tzaridis vor der Skyline von San Diego

Simone und Theophilos Tzaridis vor der Skyline von San Diego

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DFG: Sie haben dann mit 18 Jahren das Elternhaus in Thessaloniki verlassen und sind zum Studium ins Ausland gegangen. Hat Sie da nicht das Heimweh ereilt?

TDT: Natürlich hatte ich gelegentlich Heimweh, schlussendlich vermisst man ja Freunde und Familie in der Heimat! Aber das Schöne an meinem Studienbeginn war ja, dass ich mich in einer großen Gruppe anderer Studienanfänger wiedergefunden habe, von denen die allermeisten erst einmal genauso fremd in Heidelberg waren wie ich. Alle hatten ähnliche Stundenpläne, Sorgen und Vorstellungen davon, was in Heidelberg und Umgebung so alles erlebt und abfotografiert werden will. Ich habe dann auch gleich am ersten Studientag meine Frau kennengelernt, also war der Beginn des Studiums rundum erfolgreich!

DFG: Sie haben vor Ihrem Staatsexamen in Humanmedizin noch eine Zeit in Genf studiert. Was hat Sie dahin geführt?

TDT: In Genf war ich nur für zwei Monate und habe einen Teil meines Praktischen Jahres abgeschlossen. Ich habe es als Chance gesehen, mein Französisch zu verbessern und ein anderes Krankenhaus mit einer exzellenten chirurgischen Abteilung sowie ein anderes Gesundheitssystem zu sehen. Die Stadt und Umgebung waren bezaubernd, aber dafür extrem teuer!

DFG: Nach dem Staatsexamen haben Sie dann den Weg in die Neurologie und Onkologie eingeschlagen?

TDT: Das Gehirn ist ja nun mal das interessanteste Organ des Körpers! Neurologie ist eine Disziplin, in der die klinische Untersuchung und der ausführliche Austausch mit dem Patienten einen extrem hohen Stellenwert haben. Insbesondere der Weg von der Anamnese und klinischen Untersuchung zur syndromalen Beschreibung und Diagnosestellung ist extrem spannend. Zur Onkologie: das Konzept, wie eine Zelle aus der Reihe tanzt und anfängt ungesteuert zu wachsen, ist für mich faszinierend! Wenn man beide Disziplinen kombiniert, hat man ein Gebiet mit hoch interessanter Forschung und Patienten, die dringend Hilfe und bessere therapeutische Konzepte brauchen.

DFG: Für die eigentliche Forschung sind Sie dann an das Bonn Center of Neuroscience in die Gruppe von Professor Ulrich Herrlinger gegangen. Was war der Grund für diesen Schritt?

TDT: In die Forschung ging es für mich schon etwas früher, denn meine Promotion zu einem bei der Tumorentwicklung wichtigen Protein führte mich in das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) in die Gruppe von Professor Stefan Pfister. Er ist Kinderonkologe und Neuroonkologe und sehr stark daran interessiert, die gewonnenen molekularbiologischen Erkenntnisse schnellstmöglich in die Behandlung der oft noch sehr jungen Patienten einfließen zu lassen. Gegen Ende der Promotion habe ich mich dann in Richtung Neurologie und Neuroonkologie der Universitätsklinik Bonn orientiert und dann in der von Ihnen erwähnten Gruppe meinen ersten Postdoc-Aufenthalt absolviert. Dabei habe ich mich dann auf Gliome konzentriert, also Hirntumoren, die aus Gliazellen hervorgehen, einem wichtigen Gewebetyp im Gehirn. In Bonn habe ich an Blut-Biomarkern für Patienten mit Gliomen geforscht, damit zusätzlich zur MRT-Bildgebung ein Wachstum des Tumors detektiert werden kann.

Auch therapeutisch stellen diese Tumoren eine große Herausforderung dar und die Prognose dieser Patienten ist leider sehr schlecht. Es gibt allerdings mit der Immuntherapie in anderen Bereichen der Onkologie mittlerweile sehr vielversprechende Ansätze, die man nun auch auf Krebserkrankungen des zentralen Nervensystems anwenden möchte, wozu es allerdings einen noch erheblichen Forschungsbedarf gibt. Diesem Gebiet habe ich mich nun für meinen zweiten Postdoc-Aufenthalt hier in San Diego verschrieben.

DFG: Sie konzentrieren sich in Ihrem laufenden Forschungsprojekt dabei auf Checkpoint-Moleküle. Welche Rolle spielen diese beim Ausweichen von Krebszellen vor einer möglichen Immunantwort des Körpers?

TDT: Wenn es dem Immunsystem nicht gelingt, eine Krebszelle zu beseitigen, dann hängt dies oft mit dem Vorhandensein bestimmter Moleküle zusammen. Wenn man diese Moleküle erkennt und hemmt, hebt man die Bremse des Immunsystems auf und kann somit die eigenen Abwehrkräfte gegen den Tumor mobilisieren. In unserem Ansatz machen wir ein Screening für verschiedene Moleküle und haben bereits vielversprechende Daten für ein Molekül, welches das Wachstum von Gliomen fördert und dessen Herabregulation zu einer Aktivierung des Immunsystems und somit Aufhebung der eben erwähnten „Bremse“ führt.

Gruppe von Robert Wechsler-Reya

Gruppe von Robert Wechsler-Reya

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DFG: Und für dieses Projekt ist die Gruppe von Robert Wechsler-Reya in San Diego das bestmögliche Umfeld?

TDT: Ja, eines der allerbesten auf der Welt und sehr stark an translationaler Forschung interessiert, also der unmittelbaren Anwendung grundlagenwissenschaftlicher Forschungsergebnisse in der Klinik. Wir können hier an Mausmodellen, aber eben auch in der Petrischale an menschlichen Zellkulturen arbeiten. Letzteres erspart uns einiges an Tierversuchen, ist aber nicht immer sinnvoll, denn oft kann man Zellen und Zellverbände nicht isoliert, sondern nur im Kontext des Organs oder des gesamten Organismus betrachten.

DFG: Wie unterscheidet sich Ihre Arbeit in San Diego von dem, was Sie aus Deutschland oder der Schweiz gewohnt waren?

TDT: Fragestellungen, Ausstattung, Methoden und Techniken sind beiderseits des Atlantik durchaus vergleichbar, doch US-Labore sind insgesamt etwas schneller als Labore in Deutschland, das ganze System wirkt deutlich entbürokratisierter und es herrscht eine sehr kollaborative Arbeitsatmosphäre. Oft habe ich das Gefühl, dass Hierarchien flacher sind, zum Beispiel sind viele Professorinnen und Professoren zugänglicher. Allerdings habe ich sicherlich großes Glück, in Robert Wechsler-Reyas Labor zu sein, in dem ein exzellenter Umgang zwischen allen Mitarbeitenden herrscht. Insbesondere mein Chef ist sehr offen und kollegial und nimmt sehr regelmäßig Treffen mit allen Mitarbeitenden (sogar auf wöchentlicher Basis) wahr, was extrem wichtig und hilfreich ist!

DFG: Hätten wir eine Kristallkugel mit einer Perspektive bis 2050 zur Hand: Wie gut sind die Chancen, den Krebs zu „besiegen“, und wenn es gelänge, mit welchen Mitteln würde das geschehen?

TDT: In der Krebsbehandlung sind die drei klassischen Säulen, also Chirurgie, Chemotherapie und Bestrahlung, sehr gut entwickelt. Wir entwickeln gerade mit der Immuntherapie eine zusätzliche und extrem vielversprechende Option. Auch wenn die Ergebnisse bisher für Hirntumoren leider enttäuschend sind, arbeiten wir alle intensiv daran, die molekularen Grundlagen besser zu verstehen und dadurch neue Strategien zu entwickeln, um das Ansprechen auf Immuntherapien zu verbessern. Wenn wir es schaffen, gute präklinische Daten zu generieren und diese sinnvoll in klinische Studien zu übertragen, dann könnte 2050 so etwas schon als zugelassene Behandlungsmethode zur Verfügung stehen, ich hoffe sogar, deutlich früher.

DFG: Wie darf man sich denn Immuntherapie in der Krebsbehandlung allgemein vorstellen?

TDT: Wenn Sie sich den menschlichen Körper – ich lasse der Einfachheit halber einmal den Geist und die Seele weg – als ein weitgehend funktionierendes Kooperationsmodell vorstellen, dann sind Tumorzellen diejenigen, die einseitig aus noch unzureichend verstandenen Gründen die Kooperation aufgekündigt haben. Das ist zunächst mal nichts Ungewöhnliches, passiert also laufend und zur Erhaltung des Gesamtsystems stehen uns einige Abwehrmechanismen zu Verfügung. Diese Immunabwehr ist allerdings im Hinblick auf eine Krebserkrankung lahmgelegt und der Krebs kann seine für den Gesamtorganismus schädlichen Eigenschaften ungestört ausüben. Ziel ist es also, zu verstehen, wie sich Krebszellen dem körpereigenen Immunsystem entziehen können, und diese Fähigkeit dann aufzuhalten. Man ist da im Augenblick auf einer heißen Spur und glaubt, zeitnah mit verschiedenen Technologien eine gezielte Immunantwort auf eine Krebserkrankung auslösen zu können.

DFG: Wie sieht Ihr beruflicher Alltag derzeit aus?

TDT: Die Ankunft hier in San Diego fiel in den Februar 2020 unmittelbar vor Schließung der Labore wegen Covid-19. Es dauerte eine Weile, bis sich das wieder normalisierte und derzeit leiden wir immer noch unter Nachwehen der Pandemie, z.B. in Gestalt von Lieferengpässen. Meinen beruflichen Alltag verbringe ich zum Großteil im Labor, etwa von 9 Uhr bis 18 Uhr. Danach kann die Auswertung der Ergebnisse auch schon mal zu Hause weitergehen, oder ich bereite noch eine Präsentation von Ergebnissen oder ein Paper vor. Mit meiner Frau – sie ist Augenärztin – tausche ich mich dann auch ganz gerne wissenschaftlich aus, habe aber auch im Blick, dass der Beruf nicht alle 24 Stunden des Tages überwuchern darf. Da wird dann schon mal Kochen und das Abendessen wichtiger.

Spaß beim Schnitzen der Kürbisse.

Spaß beim Schnitzen der Kürbisse.*

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DFG: Was machen Sie sonst noch zur Entspannung?

TDT: Wandern, Joggen, schwimmen, es gibt hier sehr viele und einfache Dinge, die man an der frischen Luft tun kann und die Schönheit der Gegend ist atemberaubend. Da gibt es etwa den Pazifik und sehr schöne Strände entweder in Pacific Beach oder in Coronado, einer Halbinsel direkt vor der Innenstadt von San Diego. Im Inland gibt es Attraktionen wie den Joshua Tree National Park oder – ein wenig weiter entfernt – das Death Valley. Gleich im Süden schließt sich an San Diego für Fans mexikanischer Kultur gleich Tijuana an und wenn Sie auf der Autobahn von San Diego die letzte Ausfahrt verpassen, kann es durchaus sein, dass Sie an die Landesgrenze kommen und nach dem Pass gefragt werden.

DFG: In Heidelberg waren Sie halbwegs immun gegen Heimweh nach Griechenland. Sind Sie es hier auch in Bezug auf Europa?

TDT: Ja und nein. Landschaft und Klima in Südkalifornien, die Tatsache, dass Sie Zitronen von den Bäumen pflücken und genießen können, ist ja der pure Wahnsinn! Mit der Zeit sauer aufstoßen könnte Ihnen aber das in den USA sehr viel deutlicher marktgetriebene Sozial- und Gesundheitssystem. Das mag in der Spitze Vorteile haben, aber in der Breite hat das enorme und auch im Alltag deutliche Nachteile, bei der Obdachlosigkeit zum Beispiel auch sehr sichtbare.

DFG: Gestatten Sie uns einen weiteren Abstecher zurück nach Griechenland: Als Kind aus Thessaloniki ist Ihnen vermutlich auch das dortige Internationale Filmfestival und damit die Filmkunst ans Herz gewachsen. Haben Sie einen Lieblingsfilm?

TDT: Ich hoffe, das ist jetzt keine Fangfrage und ich muss nicht „Alexis Sorbas“ antworten, weil mir sonst der Sachkostenzuschuss zum Stipendium gestrichen würde. „Alexis Sorbas“ hat sicherlich seine Reize und auch eine wunderbare Filmmusik von Mikis Theodorakis, doch würde ich eher „La vita è bella“ von Roberto Benigni bei meinen persönlichen Top-Ten an erster Stelle nennen.

DFG: Das ist eine interessante Wahl und erinnert vom Stoff her in seiner Mischung aus Tragödie, Komödie und Groteske ein wenig an den Besuch der alten Dame. Was fasziniert Sie an dem Film?

TDT: Ja, genau diese Mischung aus brutaler Wirklichkeit, tiefer menschlicher Zuneigung und einem Humor, der die brutale Wirklichkeit vielleicht noch brutaler erscheinen, aber auf der anderen Seite das eigentlich Unerträgliche erträglicher werden lässt. Die berühmte Szene „Buon giorno principessa“ handelt ja von nichts anderem als der Schönheit von Blumen und der Film lässt uns diese genießen, obwohl wir das Unheil schon ahnen. Ähnlich funktioniert auch „Oskar und die Dame in Rosa“, der Roman von Eric-Emmanuel Schmitt, in dem ein todkranker Junge -Oskar- jeden Tag lebt und erlebt, als ob er eine Lebensdekade wäre und dabei Briefe an den „lieben Gott“ schreibt. Am Ende hat er dann ein „volles Leben“ mit schönen Momenten gelebt. In diesem Buch wird jedoch auch thematisiert, wie Oskar mit Gott aufgrund seiner Erkrankung und seinem nahenden Tod immer wieder hadert, letztlich aber mit seinem Schicksal und Umfeld versöhnt sterben kann. Ähnliche Situationen und Fragen erleben wir als Ärztinnen und Ärzte natürlich auch immer wieder, wenn wir Patienten in der Onkologie begleiten.
Aber auf der anderen Seite muss bei mir auch nicht alles immer einen solchen Tiefgang haben und ich kann mich auch an eher seichteren Produkten wie „Babylon Berlin“ erfreuen, die gerade in den Streaming-Diensten zu sehen sind. Ich mag auch sehr gerne politische Satire und schaue mir zum Beispiel ganz gerne die „Heute Show“ oder die „Anstalt“ an.

Pumpkin Carving zu Halloween mit zwei Beiträgen von Tzaridis

Pumpkin Carving zu Halloween mit zwei Beiträgen von Tzaridis.*

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DFG: Schauen wir noch einmal in die Kristallkugel, nun aber mit einer Perspektive von etwa zehn Jahren, was würden wir in Bezug auf Ihre Karriere sehen?

TDT: Bei mir würde sehr wahrscheinlich Wunsch und Ehrgeiz den Blick trüben, so dass ich nur mit eingeschränkter Sicherheit das folgende Bild skizzieren kann: Meine Frau und ich leben an einem Ort in Deutschland, an dem wir beide eine Forschungsgruppe haben können. Wir haben Kinder und ich arbeite sowohl forschend im Labor als auch mit Patienten in der Klinik. Nach der Habilitation bin ich – hoffentlich! – auf eine Professur berufen worden, denn neben der Forschung macht mir auch die Lehre sehr viel Freude, nicht zuletzt wegen des Umgangs mit dem nachwachsenden Talent, das ja nur so vor Ideen sprudelt.

DFG: Lassen Sie uns nach dem Blick in die Zukunft abschließend noch einen Blick in die jüngere Vergangenheit und hier auf die Zeit von Otto Rehhagel als Trainer der griechischen Fußballnationalmannschaft (Herren) werfen.

TDT: Sehr gerne, ich habe sowohl die griechische als auch die deutsche Staatsbürgerschaft, durfte mich also nicht nur 2014 über das 1:0 von Mario Götze im WM-Finale gegen Argentinien freuen, sondern auch schon zehn Jahre zuvor über das 1:0 von Angelos Charisteas im EM-Finale gegen Portugal. Diesen sehr unerwarteten Erfolg hatte die griechische Nationalmannschaft nach Meinung vieler Experten auch ihrem damaligen Trainer Otto Rehhagel zu verdanken, der dann gleich wahlweise als König Otto oder Otto Rehhakles in die griechischen Herzen eingebürgert wurde. So dramatisch der Erfolg der Griechen auch bei dem Turnier gewesen sein mag, so antiklimaktisch war die Taktik des gelernten Verteidigers Rehhagel: Hinten keinen reinlassen und vorne auf die eine Ecke warten, die dann das 1:0 bringt. Mit deutscher Effizienz und griechischer Begeisterung hat man im Viertelfinale Frankreich mit 1:0 besiegt und mit demselben Ergebnis Tschechien im Halbfinale. Das zähle ich dann schon zu den Highlights der jüngeren griechisch-deutschen Beziehungen, nun höre ich aber auf, meine absolute Inkompetenz in Sache Fußball darzulegen.

DFG: Dann lassen Sie uns gemeinsam die Daumen drücken, dass es künftig noch mehr solcher Glanzlichter in den griechisch-deutschen Beziehungen geben wird. Wir danken Ihnen sehr herzlich für das informative und unterhaltsame Gespräch und wünschen Ihnen für die Zukunft ein Bild sehr ähnlich dem des obigen Blicks in die Kristallkugel.

*Einer Tradition des Labors folgend wurden auch zu Halloween 2021 Kürbisse ausgehöhlt und mit furchterregenden Motiven versehen. Die Beiträge von Theophilos Tzaridis lauten „Rev#2” und „p=0.06“ als Ausdruck zweier möglicher Schreckensszenarien für einen Wissenschaftler, nämlich der zweite und häufig ablehnend eingestellte Gutachter (Rev#2) und ein nur knapp an der statistischen Signifikanz vorbeifliegendes Untersuchungsergebnis (p=0.06).