Copernicus-Preis 2022

Herausragende deutsch-polnische Zusammenarbeit in der germanistischen Literaturwissenschaft auf dem Gebiet der Holocaust-Studien

Begrüßungsworte des FNP-Präsidenten Żylicz im Łazienki-Palast in Warschau

© Paweł Kula

Für ihre Errungenschaften in der deutsch-polnischen Zusammenarbeit in der Wissenschaft erhalten Professor Dr. Sascha Feuchert, Justus-Liebig-Universität Gießen, und Professorin Dr. Krystyna Radziszewska, Universität Łódź, den Copernicus-Preis 2022 der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und der Stiftung für die polnische Wissenschaft (FNP).

Die von DFG und FNP berufene Jury sprach Feuchert und Radziszewska den Preis für ihre weitreichende Kooperation auf dem Gebiet der Holocaust-Studien zu. Ihre Forschungen an literarischen Zeugnissen aus dem jüdischen Ghetto in Łódź/Litzmannstadt, dem zweitgrößten in Polen während der nationalsozialistischen Besatzung, haben aus Sicht der Jury einen erheblichen Beitrag zur Rekonstruktion des Alltagslebens und der jüdischen Kultur im Ghetto geleistet. Hervorzuheben seien insbesondere die in Zusammenarbeit mit weiteren Kolleg*innen entstandene fünfbändige Edition der „Ghetto-Chronik“ sowie die „Enzyklopädie“ des Ghettos.

Bei diesen kommentierten Editionen handelt es sich um von jüdischen Bewohnern des Ghettos gemeinsam verfasste Aufzeichnungen, die sowohl der Dokumentation historischer Ereignisse wie den Deportationen als auch der Bewahrung jüdischer Kulturgeschichte dienten. Sie seien nach Ansicht der Jury von fundamentaler Bedeutung für die Erforschung des jüdischen Lebens im Ghetto und bildeten eine wesentliche Grundlage für die Beantwortung von Forschungsfragen weit über die Literaturwissenschaft hinaus. Besonders beeindruckt zeigte sich die Jury außerdem von der Übersetzung der wesentlichen gemeinsamen Publikationen in gleich vier Sprachen (Deutsch, Polnisch, Englisch und Jiddisch) sowie einer weit in die Gesellschaft hineinwirkenden Öffentlichkeitsarbeit.

Sascha Feuchert und Krystyna Radziszewska arbeiten seit den 1990er-Jahren zusammen. Rund um die viel beachtete wissenschaftliche Zusammenarbeit der beiden Ausgezeichneten hat sich über die Jahre ein weitverzweigtes internationales Netzwerk an Forscher*innen verschiedener Fachrichtungen zum Thema ausgebildet. Ihre Universitäten haben jeweils Forschungszentren auf dem Gebiet der Holocaust-Studien mit internationaler Strahlkraft gegründet. Der breiten Öffentlichkeit machten Feuchert und Radziszewska ihre Erkenntnisse über das jüdische Leben im Ghetto in einer deutschsprachigen Radiosendung bekannt und bereiteten ihre Arbeiten auch für den Schulunterricht auf.

Krystyna Radziszewska

Prof. Dr. Krystyna Radziszewska

Prof. Dr. Krystyna Radziszewska

© Photograph / M. Kaczmarek

Krystyna Radziszewska absolvierte ein Studium zunächst der Germanistik und danach der Philosophie an der Universität in Łódź. Anschließend war sie als Deutschlehrerin tätig, bevor sie als Dozentin für Deutsch in den Dienst der Universität zurückwechselte. Radziszewska promovierte an der Adam-Mickiewicz-Universität Poznań und ist seit 1995 Professorin für Germanistik an der Universität in Łódź. 2016 war sie Gastdozentin an der Leibniz Universität Hannover. Radziszewska ist Mitglied der Kommission für die Geschichte von Deutschen in Polen und Trägerin mehrerer Auszeichnungen der Stadt Łódź.

Sascha Feuchert

Prof. Dr. Sascha Feuchert

Prof. Dr. Sascha Feuchert

© Photograph / Piotr Banczerowski

Nach einer journalistischen Ausbildung studierte Sascha Feuchert Germanistik, Anglistik und Pädagogik an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Im Rahmen seines Studiums und seiner weiteren wissenschaftlichen Karriere am Institut für Germanistik der Universität Gießen führten ihn ein Auslandssemester und ein Aufenthalt als Gastdozent nach Łódź und Szczecin in Polen. Seit 2008 ist Feuchert Direktor der Arbeitsstelle Holocaust-Literatur der Universität Gießen, seit 2017 an derselben Universität Professor für Neuere Deutsche Literatur mit dem Schwerpunkt Holocaust- und Lagerliteratur sowie ihre Didaktik. Er wurde mit mehreren Preisen für Lehre und Literatur sowie Anerkennungspreisen der Universität Łódź ausgezeichnet.

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Preisträger und Programm

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