Der Heinz Maier-Leibnitz-Preis 2013 geht an vier junge Wissenschaftlerinnen und fünf junge Wissenschaftler. Der mit erstmals 20 000 Euro dotierte Preis wurde am 3. Juni, 14 Uhr, im Magnus-Haus, in Berlin verliehen. Die Auszeichnung ist zugleich Anerkennung und Ansporn, die wissenschaftliche Laufbahn geradlinig weiterzuverfolgen.
Stadtstrukturen und Stadtsoziologie sind das Forschungsthema der Politologin Christine Hentschel, die seit 2012 an der Humboldt-Universität zu Berlin tätig ist. Sie möchte Forschungsper-spektiven aus dem afrikanischen und asiatischen Kontext auch auf europäische Städte anwenden; beispielsweise auf den sich rasch wandelnden Berliner Stadtteil Neukölln. Zum Thema urbane Infrastrukturen bringt sie Stadtgeografie, -soziologie, -anthropologie, Architektur und Geschichte zusammen.
In ihrer Arbeitsgruppe „Computerassistierte Interventionen“ am Deutschen Krebsforschungszentrum arbeitet die Medizininformatikerin Lena Maier-Hein an Bildverarbeitungs- und Computerassistenzsystemen in der Krebsdiagnose und -therapie. Dabei konnte sie unter anderem einen etablierten Algorithmus zur Erfassung und Registrierung von dreidimensionalen Oberflächen verbessern. Maier-Hein hat bei ihrer Tätigkeit stets die Anwendung der Systeme in der Klinik und ihre Evaluation im Blick.
Der in Portugal geborene Chemiker Nuno Maulide studierte an der Ecole Polytechnique in Paris, promovierte sich in Belgien und arbeitete in den USA, ehe er 2009 Leiter einer Forschungsgruppe am Max-Planck-Institut für Kohlenforschung wurde. 2011 erhielt er einen ERC Starting Grant. Er und sein Team interessieren sich für die Schnittstelle zwischen „klassischer“ organischer Chemie, asymmetrischer Katalyse und chemischer Biologie. Maulides besonderes Forschungsinteresse liegt dabei in unkonventionellen Reaktionsprofilen organischer Verbindungen.
Die Wirtschaftsmathematikerin Nicole Megow befasst sich mit Optimierungsproblemen, die durch Fragestellungen der industriellen Praxis motiviert sind. Schon seit ihrer Promotion arbeitet sie an der sogenannten Optimierung unter Unsicherheit und mithin an der Schnittstelle zwischen Grundlagen- und angewandter Forschung. Megow, die seit 2012 eine DFG-geförderte Emmy Noether-Nachwuchsgruppe leitet, entwickelt dabei Algorithmen und Methoden, die auch trotz unsicherer Datenlage gute beziehungsweise beweisbar optimale Lösungen berechnen.
Der Physiker Thomas Pfeifer untersucht am Max-Planck-Institut für Kernphysik schnellste elektronisch korrelierte Prozesse und fundamentale Kopplungen von Elektronen in Atomen und Molekülen. Hierzu baute er ein bisher einmaliges zeit- und energieaufgelöstes Attosekundenspektroskopielabor auf. Außerdem befasst er sich mit der Physik von Freien-Elektronen-Lasern und betrachtet hier die Lichterzeugung ebenso wie die Wechselwirkung intensiver weicher Röntgenstrahlung mit Atomen und Molekülen.
Bis heute sucht die Astrophysik nach einem Nachweis der von Albert Einstein vor mehr als hundert Jahren vorhergesagten Gravitationswellen. Neue Detektoren nehmen unter anderem schnell rotierende Neutronensterne als mögliche Quellen von Gravitationswellen ins Visier. Holger Pletsch hat dazu eine Methode entwickelt, die riesigen Datenmengen trotz beschränkter Computerressourcen optimal zu filtern. Die Methode eignet sich auch für andere Himmelsphänomene und führte unter anderem zur Entdeckung neuer, interessanter Pulsare.
Neue schnell ladende, hocheffiziente Energiespeicher aus umweltfreundlichen und kostengünstigen Materialien sind ein Forschungsgebiet des Materialwissenschaftlers Volker Presser, der 2008 auch den Bernd Rendel-Preis der DFG erhielt. Er beschäftigt sich mit elektrochemischer Energiespeicherung und entwickelt Doppelschicht- und Pseudokondensatoren aus Kohlenstoffen und Hybridmaterialien: beispielsweise effizientere und mechanisch flexible Elektroden aus Kohlenstoffnanofasern oder auch aus zwei-dreidimensionalen Karbiden und Karbonitriden.
Unter anderem in der DFG-Forschergruppe „Ästhetik und Praxis populärer Serialität“ bringt Daniel Stein seine Expertise als Kenner der nordamerikanischen Populärkultur ein. Seine Spezialgebiete sind afro-amerikanische Musik wie Jazz und Blues, aber auch Comics als ein populäres Medium, das die Literaturwissenschaft sich erst sukzessive erschließt. Seine Dissertation zu „Louis Armstrong’s Jazz Autobiographics“ behandelte Literatur und Musik methodologisch. Stein richtet den Blick immer auch auf zentrale literatur- und kulturwissenschaftliche Fragen.
Clarissa Vierke verbindet sprach-, literatur-, kulturwissenschaftliche, philologische und anthropologische Methoden, um kulturspezifische Formen der Text- und Wissensorganisation in Afrika zu erforschen. Sie betrachtet Poetik, Wissenschaftsgeschichte, Sprachkontakt und populäre Kultur in verschiedenen Manuskriptkulturen und beschreibt Sprach- und Textentwicklungen. Mit diesem interdisziplinären Ansatz hat sie das gängige Instrumentarium erweitert. Sie legt – auch bei ausgedehnten Feldstudien – großen Wert auf die Perspektive der Akteure vor Ort.