Der Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis 2012 geht an zwei Wissenschaftlerinnen und neun Wissenschaftler. Sie sind aus 131 Vorschlägen ausgewählt worden. Der mit 2,5 Millionen Euro dotierte Preis wurde am 27. Februar 2012 in Berlin verliehen. Er zeichnet hervorragende Wissenschaftler*innen für herausragende wissenschaftliche Leistungen aus.
Der Leibniz-Preis für Michael Brecht ehrt einen Wissenschaftler, der mit originellen Forschungsansätzen und innovativen Techniken Pionierarbeit in der Neurobiologie geleistet hat. Brecht interessiert vor allem die Frage, wie neuronale Aktivität Verhalten auslöst. Seine grundlegenden Antworten erzielt er mit der von ihm entwickelten „in vivo whole cell-Technik“, die präzise Messungen in frei sich bewegenden Tieren ermöglicht. Mit ihr zeigte Brecht, dass bereits die Stimulation einer Nervenzelle motorisches Verhalten auslösen kann. Auch von Brecht vorgenommene Ableitungen im sensorischen Cortex belegten, dass unter bestimmten Umständen schon durch einzelne stimulierte Nervenzellen Wahrnehmung und Verhalten gesteuert werden. Beides widerlegte die gängige Annahme, dass Verhalten erst durch die Aktivität zahlreicher Neuronen ausgelöst wird. Brechts Techniken basieren auf Verfahren, die zuvor bereits bei anästhesierten Nagetieren angewandt wurden, die er jedoch als einer der ersten auf wache, sich aktiv bewegende Tiere übertrug. So ermöglichte Brecht ein weitaus besseres Verständnis der neuronalen Informationsverarbeitung.
Michael Brechts Werdegang ist eng mit zwei der weltweit angesehensten deutschen Neuro- und Zellbiologen verbunden. Nach dem Studium der Biochemie und Biologie in Tübingen und einem Forschungsaufenthalt in San Francisco promovierte Brecht bei Wolf Singer in Frankfurt und habilitierte sich bei Nobelpreisträger Bert Sakmann in Heidelberg. Seit 2006 ist er Professor am Bernstein Zentrum für Computational Neuroscience und an der Humboldt-Universität, beide in Berlin.
Rainer Forst gilt national und international als der wichtigste deutsche politische Philosoph der Generation „unter 50“. Der Frankfurter Wissenschaftler führt die deutsche – und hier nicht zuletzt Frankfurter – politische Philosophie von Jürgen Habermas und Axel Honneth fort, bringt diese in kritischer Auseinandersetzung mit amerikanischen Vertretern wie John Rawls zusammen und setzt dabei Akzente zu einer ganz eigenen Philosophie. Diese dreht sich vor allem um die Grundbegriffe „Gerechtigkeit“, „Toleranz“ und „Rechtfertigung“. Auf höchst originelle Weise durchdachte und formulierte Forst die Erkenntnis, dass der Mensch schon immer in verschiedene „Rechtfertigungspraktiken“ eingebettet ist. Sie bedingen, dass letztlich alle Handlungen nach eigenen Logiken der Moral, des Rechts und anderer Diskurse legitimiert werden müssen. Unsere praktische Vernunft ist so nichts anderes als das Vermögen, diese Logiken zu erkennen und anzuerkennen – so das weitreichende Fazit des politischen Philosophen Forst.
Die ausgeprägte internationale Ausrichtung mit besonderem Interesse an den USA zeigte sich bei Rainer Forst schon früh. Nach dem Studium in Frankfurt, New York/Binghamton und Harvard war er Assistent und Gastprofessor in Berlin, Frankfurt und New York, bevor er nach Stationen in Frankfurt und Gießen 2004 Professor an der Frankfurter Universität wurde; ihr ist Forst trotz mehrerer Angebote renommierter ausländischer Universitäten treu geblieben.
Gunther Hartmann und Christian Kurts haben beide wegweisende Entdeckungen zur Aufklärung der Wirkungsweise der körpereigenen Abwehrsysteme gemacht und erhalten dafür gemeinsam den Leibniz-Preis. Ihre ausgezeichneten Arbeiten führten sie am selben Standort, dem Bonner Universitätsklinikum, durch, dort jedoch an verschiedenen Instituten und unabhängig voneinander. Der klinische Pharmakologe Hartmann hat das Verständnis der Nukleinsäureerkennung durch das Immunsystem entscheidend verbessert, vor allem mit seinen Forschungen zur Wirkung von CpG-Oligonukleotiden auf die besonders bedeutsamen dendritischen Zellen sowie zu sogenannten „short interfering RNAs“. Diese Arbeiten sind wichtig für das Verständnis der Abwehr von Viren und des Aufbaus einer schnellen Immunantwort gegen eingedrungene Krankheitserreger. Hartmanns Erkenntnisse können zudem für die Entwicklung neuer Impfstoffe und pharmakologisch wirksamer Substanzen zur Hemmung von Genen eingesetzt werden. Der Grundstein für Gunther Hartmanns national und international bereits mehrfach ausgezeichnete Arbeiten wurde mit einem DFG-geförderten Postdoktoranden-Stipendiat in Iowa/USA gelegt; von dort kam Hartmann über München nach Bonn, wo er seit 2007 Direktor des Instituts für klinische Chemie und Pharmakologie ist.
Auch Christian Kurts ist vor allem an der Aufklärung der Funktion der dendritischen Zellen interessiert. Die Forschungsthemen des Immunologen und Facharztes für Innere Medizin sind jedoch ausgesprochen breit und fächerübergreifend angelegt. Ihr Spektrum reicht von der Kreuzpräsentation von Antigenen über das Zusammenspiel verschiedener Zellen des Immunsystems beim Aufbau einer Immunantwort und der Entstehung von Entzündungen bis zur Entstehung von Darmlähmungen nach bauchchirurgischen Eingriffen oder von besonderen Formen der Nierenentzündung. Wichtiger Antrieb für Kurths Forschungen ist stets die mittelbare Umsetzung der gewonnenen Erkenntnisse in Therapien. Mehrere seiner Arbeiten widerlegten bis dahin allgemeingültige Annahmen der Immunologie. Christian Kurts war Heisenberg-Stipendiat der DFG, die auch einen zweijährigen Forschungsaufenthalt in Australien förderte. Seit 2003 in Bonn, ist Kurts dort inzwischen Direktor des Instituts für Experimentelle Immunologie. Gleichermaßen hervorragender Forscher und Kliniker übt er auch große Anziehungskraft als akademischer Lehrer auf den klinisch orientierten wissenschaftlichen Nachwuchs aus.
Ohne die nun mit dem Leibniz-Preis ausgezeichneten Arbeiten von Matthias Mann wäre die moderne Biologie im Grunde nicht möglich. Als außergewöhnlich einfallsreicher und erfolgreicher Methodenentwickler und -anwender hat der Biochemiker die „large scale proteomics“ und damit die Erfassung aller Proteine von biologischen Systemen geprägt. Sein größtes Verdienst ist die Übertragung der aus der Physik stammenden Verfahren der Massenspektrometrie auf molekularbiologische Fragestellungen, die er auf verschiedenen Wegen verfolgte. Seine frühen Beiträge zur Entwicklung der Elektrospray-Ionisierung ebneten der biologischen Massenspektrometrie insgesamt erst den Weg. Nicht minder bedeutsam wurden die von Mann entwickelten Software-Algorithmen, die die Auswertung massenspektrometrischer Daten mithilfe von Sequenzdatenbanken erlauben. Diese und andere Techniken wie das SILAC-Verfahren zum direkten Vergleich tausender Proteine werden inzwischen weltweit in Laboren eingesetzt. Zusammen mit renommierten Arbeitsgruppen wandte Mann diese Techniken auch selbst an, wodurch 2008 am Beispiel der Bäckerhefe die erste vollständige Proteomanalyse eines Organismus gelang. Nächstes großes Ziel ist die vollständige Erfassung des Proteoms menschlicher Zellen, die kurz bevorsteht.
Nach dem Physik-Studium in Göttingen war jede Station in Matthias Manns wissenschaftlichem Werdegang mit der Entwicklung und Anwendung wegweisender Techniken verbunden, von der Promotion in Yale/USA über das Postdoktorat in Odense/Dänemark bis hin zur Gruppenleitertätigkeit am European Molecular Biology Laboratory (EMBL) in Heidelberg und zur Leitung des Zentrums für Experimentelle Bioinformatik an der University of Southern Denmark in Odense. Seit 2005 setzt er als Direktor am Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried seine Arbeiten fort, die dem Verständnis biologischer Systeme immer wieder neue Perspektiven eröffnen.
Der Leibniz-Preis für Friederike Pannewick ist der erste für die Arabistik überhaupt. Er gilt einer Wissenschaftlerin, die die interdisziplinäre Neuausrichtung ihres Faches und der Nahoststudien in Deutschland insgesamt wesentlich vorangetrieben hat. In zahlreichen Forschungsprojekten und Veröffentlichungen in deutscher, arabischer und englischer Sprache wandte Pannewick sich zentralen Themen der arabischen Gegenwartsliteratur und Ideengeschichte zu. Dazu gehören etwa die literarische Behandlung von Bürgerkriegserfahrungen, Todesvorstellungen und Rebellionsmodellen, deren teilweise weit zurückliegende Verankerung in religiösen, politischen und kulturellen Traditionen Pannewick ebenso beleuchtete wie ihre Transformation in zeitgenössische Kontexte. Dabei zeigte sie immer wieder ihre besondere Fähigkeit, bedeutende wissenschaftliche und kulturelle Themen und Probleme im Mittleren und Nahen Osten frühzeitig – und mitunter sogar vorzeitig – zu identifizieren. So machen ihre Forschungen zur literarischen Konzep-tionalisierung des Märtyrertums die aktuelle politische Entwicklung in den arabischen Ländern besser verständlich, und die von Pannewick geleitete Arbeitsgruppe „Von Revolution zu Subversion“ begann sogar, die Grundlagen der „Arabellion“ schon vor deren Ausbruch zu analysieren.
Nach dem Studium der Orientalistik, Arabistik und Turkologie in Bamberg, Paris, Berlin und Damaskus wurde schon Friederike Pannewicks Abschlussarbeit an der FU Berlin als Buch veröffentlicht. Es folgten Tätigkeiten als wissenschaftliche Mitarbeiterin und Postdoktorandin in Berlin und mehrere Forschungsaufenthalte im Libanon. Seit 2007 ist Pannewick Professorin für Moderne arabische Literatur am Centrum für Nah- und Mitteloststudien (CNMS) der Universität Marburg.
Nikolaus Rajewsky hat neue Maßstäbe in der Systembiologie gesetzt und darüber hinaus die Lebenswissenschaften insgesamt bereichert. In seinen Arbeiten kombiniert er höchst kreativ und produktiv die Physik und Mathematik mit der Systembiologie, die die regulatorischen Prozesse in ganzen Zellen oder Organismen über die genom- oder proteomweiten Ebenen hinweg betrachtet. Von besonderer Bedeutung sind Rajewskys Arbeiten zu den mikroRNAs, kleinen, nicht-codierenden RNAs, die eine Schlüsselrolle bei der Steuerung zellulärer Prozesse, aber auch bei der Entstehung von Krebs und anderen Krankheiten spielen. Ein unter Rajewskys Leitung entwickeltes Computerprogramm ermöglichte es erstmals, die Zielgene von mikroRNAs zu identifizieren. Mit einer anderen Technologie konnte die Stärke des Effekts der mikroRNA-Regulation auf die Proteinsynthese beschrieben werden. Mit den von ihm mitentwickelten „Antagomirs“ gelang es Rajewsky schließlich, die Aktivitäten von mikroRNAs spezifisch und verlässlich abzuschalten. Dies ist nicht zuletzt ein Ansatzpunkt für die Entwicklung neuartiger Medikamente.
Aus der Mathematik und Physik kommend, wandte sich Nikolaus Rajewsky nach der Promotion in Theoretischer Physik in Köln und einem ersten Postdoktorat in New Jersey in einem zweiten Postdoktorat an der Rockefeller University/New York der Systembiologie zu. Nach einer Assistenzprofessur an der New York University kehrte er 2006 nach Deutschland zurück; hier ist er Professor am Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) in Berlin und Koordinator des in kurzer Zeit sehr erfolgreichen Berlin Institute for Medical Systems Biology (BISMB).
Ulf Riebesell erhält den Leibniz-Preis für seine Forschungen zum Ozeanwandel, einer der weitreichendsten Begleit- und Folgeerscheinungen des vom Menschen verursachten Klimawandels. Der Kieler Meereswissenschaftler untersuchte als einer der ersten Forscher überhaupt, welchen Einfluss die Versauerung und Erwärmung der Ozeane auf marine Organismen und Ökosysteme haben. Dabei galt sein Blick vor allem dem Plankton und anderen kalkhaltigen und kalkbildenden Organismen im Ozean. In seinen experimentellen Arbeiten konnte Riebesell zunächst im Labor, später dann mit frei treibenden Mesokosmen in der Ostsee, in norwegischen Fjorden und in der Arktis zeigen, wie infolge der erhöhten Aufnahme von Kohlenstoffdioxid aus der Atmosphäre der ph-Wert der Ozeane abnimmt und sich bei kalkhaltigen Organismen die Fähigkeit verringert, Gehäuse zu bilden. Da diese Organismen häufig am Anfang der Nahrungskette stehen, kann dies erhebliche Auswirkungen auf die gesamte Nahrungskette und -produktion im Ozean haben. Mit seinen Arbeiten machte Riebesell nicht nur die Meereswissenschaftler, sondern auch eine breitere Öffentlichkeit auf die Ozeanversauerung als eine der akutesten Bedrohungen der marinen Ökosysteme aufmerksam.
Im Anschluss an das Studium der Biologie und biologischen Ozeanografie in Kiel setzte Ulf Riebesell seine wissenschaftliche Ausbildung an der amerikanischen West- und Ostküste fort. Nach der Promotion in Bremen forschte er am Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven und in Santa Barbara/Kalifornien, bevor er 2003 am IFM-Geomar in Kiel die Leitung der Forschungseinheit Biologische Ozeanografie übernahm, die mit einer Professur für Biologische Meereskunde an der Kieler Universität verbunden ist.
Mit Peter Sanders wird ein international höchst anerkannter Forscher auf dem Gebiet der Algorithmik mit dem Leibniz-Preis ausgezeichnet. Der Karlsruher Informatiker gilt insbesondere als Schlüsselfigur des „algorithm engineering“. Dieses geht weit über den Entwurf leistungsfähiger Algorithmen als Kerndisziplin der Informatik hinaus und führt Entwurf, Analyse, Implementierung und experimentelle Evaluierung zu einer ganzheitlichen Aufgabenstellung zusammen. Spektakulär sind dabei vor allem Sanders‘ Ergebnisse zur Wegeplanung in Straßennetzen, um die seit der digitalen Veröffentlichung des US- und des europäischen Straßennetzes ein regelrechter Wettlauf zwischen den Algorithmen-Forschern entbrannt ist. Hier entwickelte Sanders mehrere Heuristiken, deren beste auf dem westeuropäischen Straßennetz mit 18 Millionen Städten und 42 Millionen Verbindungen zwischen diesen getestet wurde und dabei drei Millionen Mal schneller war als der Dijkstra-Algorithmus, der bei der optimalen Wegesuche in Straßennetzen über lange Zeit Standard war. Weitere bedeutende Arbeiten von Sanders gelten dem effizienten Zugriff auf externe Speicher bei extrem großen Datenmengen, für die er eine Software-Bibliothek entwickelt hat, die inzwischen weltweit von wissenschaftlichen und industriellen Anwendern genutzt wird. Seine Forschungen über „suffix arrays“ sind schließlich wesentlich für die Textanalyse und -kompression, aber auch für viele Anwendungen in der Bioinformatik.
Die Informatik-Karriere von Peter Sanders begann bereits mit Siegen im „Bundeswettbewerb Informatik“ und bei „Jugend forscht“. Nach dem Studium der Computer Science in den USA und der Promotion in Informatik in Karlsruhe wurde er 2004 Professor für Theoretische Informatik an der Universität Karlsruhe, die im Zuge der Exzellenzinitiative mit dem Forschungszentrum Karlsruhe zum Karlsruher Institut für Technologie (KIT) fusionierte.
Barbara Wohlmuth erhält den Leibniz-Preis für ihre Forschungsleistungen in der Numerischen Mathematik, die unmittelbare Anwendungen im Gebiet des wissenschaftlichen und ingenieurtechnischen Rechnens ermöglichen. Ein Schwerpunkt ihrer Forschung ist die Numerik partieller Differentialgleichungen, zu der sie insbesondere durch die theoretische Untersuchung der Mortar-Gebietszerlegungsmethoden zentrale Beiträge geleistet hat. Mit diesen Arbeiten sowie der Umsetzung in praktische Verfahren hat sie eine auch international führende Rolle auf diesem Gebiet erreicht. Wohlmuths Forschungen beweisen ein außerordentlich tiefes theoretisches Verständnis, das zugleich zu besseren Rechenverfahren beispielsweise in der Festkörper- und Strömungsmechanik führt. Auf diese Weise hat die neue Leibniz-Preisträgerin elegant und effizient die Grundlagenforschung praxisbezogen weiterentwickelt.
Internationalität ist das Kennzeichen für Barbara Wohlmuths wissenschaftlichen Werdegang. Das Vordiplom absolvierte sie in Grenoble/Frankreich, nach Diplom und Promotion in München forschte sie in New York, nach der DFG-geförderten Habilitation in Augsburg und der ersten Professur in Stuttgart nahm sie Gastprofessuren in Frankreich und Hongkong wahr. Seit 2010 hat Barbara Wohlmuth eine Professur für Numerische Mathematik an der Technischen Universität München inne.
Jörg Wrachtrup hat ein völlig neuartiges und sehr erfolgreiches Forschungsgebiet an der Schnittstelle zwischen Festkörperphysik und Quantenoptik erschlossen. Den Grundstock hierzu legte er mit seinen wegweisenden Arbeiten zur Detektion einzelner Spins in Festkörpern. Als Meilenstein gilt vor allem die Detektion einzelner paramagnetischer Stickstoff-Fehlstellen in Diamant, den sogenannten NV-Zentren, die sich durch eine außergewöhnliche Fotostabilität auszeichnen. Wrachtrup erkannte als erster Wissenschaftler die Bedeutung von NV-Zentren für die Quanteninformationstechnologie und die Messtechnik. Das damit von ihm wesentlich begründete Forschungsfeld strahlt jedoch weit über die Festkörperphysik und die Quantenoptik hinaus bis in die Material- und Lebenswissenschaften hinein. So wurde die hohe Fotostabilität der NV-Zentren dazu genutzt, die Auflösung der Fluoreszenz-Mikroskopie zu maximieren. Auch die Entwicklung fluoreszierender Nanodiamanten zur Markierung von Biomolekülen wurde mithilfe von NV-Zentren erreicht. Ausgehend von Wrachtrups Arbeiten konnten schließlich diamantbasierte Einzelphotonenquellen und eine neue Klasse diamantbasierter Magnetsensoren hergestellt werden.
Seit 2000 ist Jörg Wrachtrup Direktor des 3. Physikalischen Instituts der Universität Stuttgart, an die er nach Studium und Promotion an der Freien Universität Berlin, einem Forschungsaufenthalt am Centre National de la Recherche Scientifique (CNRS) in Bordeaux und anschließender fünfjähriger Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Technischen Universität Chemnitz kam. Für seine Forschungen wurde Wrachtrup national und international bereits mehrfach ausgezeichnet, unter anderem ist er Max Planck-Fellow und erhielt in diesem Jahr einen Advanced Grant des European Research Council (ERC).