Abschluss in Berliner Charité als erste Zusammenkunft in Präsenz / Offener Austausch mit ehemaligem RKI-Präsidenten Wieler zu Pandemiebekämpfung und Preparedness / Abschlussbericht verabschiedet
In Berlin fand Mitte November die letzte Sitzung der Interdisziplinären Kommission für Pandemieforschung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) statt. Diese war bereits im Juni 2020 vor dem Hintergrund der Coronavirus-Pandemie und mit dem Ziel wissenschaftlich fundierter Pandemie-Informationen, -begleitung und -vorsorge eingerichtet worden und hatte seitdem zu verschiedenen aktuellen Themen wie Long-COVID, Zugang zu Daten zur Gesundheitsforschung, der Ausbreitung von SARS-CoV-2-Viren durch Aerosole oder zu einer informierten Impfentscheidung Stellungnahmen veröffentlicht sowie eine Reihe von DFG-Ausschreibungen und Projekte zur Erforschung der verschiedensten Aspekte der Coronavirus-Pandemie und anderer Pandemien und Epidemien begleitet.
Die nunmehr 26. Sitzung der Kommission war bereits von ihrem Setting her eine besondere: Über einen Zeitraum von mehr als dreieinhalb Jahren hatten die aus allen Wissenschaftsbereichen kommenden 21 Kommissionsmitglieder unter Vorsitz von DFG-Präsidentin Professorin Dr. Katja Becker ausschließlich digital getagt; dies war lange zunächst der Pandemie selbst geschuldet, versuchte dann mehr und mehr aber auch den durch die Pandemie ausgelösten Digitalisierungsschub für die Kommissionsarbeit produktiv zu nutzen.
Gerade die Abschlusssitzung war so die erste live und in Präsenz und die erste Gelegenheit, bei der die Kommissionsmitglieder in ihrer Eigenschaft als solche persönlich zusammentrafen – was bei den 15 Mitgliedern, die auf Einladung von DFG-Vizepräsidentin Professorin Dr. Britta Siegmund auf den Campus Mitte der Berliner Charité angereist waren, manch freudige Begrüßung auslöste.
Für einen weiteren Akzent der letzten Sitzung sorgte der als besonderer Gast eingeladene frühere Präsident des Robert-Koch-Instituts und heutige Sprecher des Clusters Digital Health am Hasso-Plattner-Institut, Professor Dr. Lothar H. Wieler.
Der Austausch mit dem in die Wissenschaft zurückgewechselten ehemaligen wichtigsten Politikberater während der Pandemie ergab eine pointierte Perspektive auf die zentrale Frage nach den „Lessons Learnt“ in Sachen Pandemiebekämpfung und „Pandemic Preparedness“ und dabei speziell zum Verhältnis von Wissenschaft und Politik.
Dabei gab es durchaus eine ganze Reihe kritischer und auch selbstkritischer Beobachtungen und Bemerkungen, etwa zur Umsetzung und Nutzung an sich vorhandener Maßnahmenpläne und Strukturen oder zur Einbindung und Nutzbarmachung wissenschaftlicher Expertise in ihrer ganzen Breite durch die Politik oder zur Koordination von Forschungsprojekten zur Pandemie und schließlich auch zur Schwerpunktsetzung bei diesen Forschungen durch die Wissenschaft.
In solchen Punkten, aber etwa auch beim Gesundheitssystem mit den dortigen Strukturdefiziten und Fehlsteuerungen, ist Deutschland noch nicht überzeugend „prepared“ für kommende Pandemien – so das Fazit der Diskussion. Oder im produktiven Umkehrschluss nach vorne formuliert, welcher auch der Arbeit der Pandemiekommission von Beginn an eigen war: Hier bedarf es anderer und auch besser vernetzter Ansätze und Anstrengungen, um die Preparedness wirkungsvoll zu erhöhen.
Dieselben beiden Blickrichtungen, aber dieses Mal in eigener Sache, hat auch der Abschlussbericht der Pandemiekommission, der auf der letzten Sitzung als gleichsam letzte Amtshandlung verabschiedet wurde. Er blickt zurück auf die Themen von dreieinhalb Jahren geleisteter Kommissionsarbeit, aber genauso auch nach vorne auf die Fragen, die daraus für die Zukunft bleiben. Im kommenden Frühjahr soll der Bericht in den Gremien der DFG ausführlich vorgestellt und diskutiert und im Anschluss daran veröffentlicht werden.