Information für die Wissenschaft Nr. 26 | 26. März 2024

Schwerpunktprogramm „Jüdisches Kulturerbe“ (SPP 2357)

Der Senat der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) hat im März 2021die Einrichtung des Schwerpunktprogramms „Jüdisches Kulturerbe“ (SPP 2357) beschlossen. Als Laufzeit sind sechs Jahre vorgesehen. Die DFG lädt hiermit ein zur Antragstellung für die zweite dreijährige Förderperiode. 

Thema und wissenschaftliche Zielsetzung

Das Schwerpunktprogramm erforscht interdisziplinär und multiperspektivisch die Entwicklungen sowohl des gesellschaftlichen und kulturpolitischen Stellenwerts als auch des Umgangs mit jüdischem Kulturerbe in Europa sowie in seinen globalen Verflechtungen. Übergeordnetes Ziel des SPP 2357 ist die (Re-)Diskursivierung des kulturellen Erbes von Jüd*innen unter Bezugnahme auf die Critical Heritage Studies. Letztere zeigen auf, wie das kulturelle Erbe der Vergangenheit in der Gegenwart aktiviert wird und wie es sozial konstruiert sowie mit einer Reihe sozialer, wirtschaftlicher, kultureller und politischer Prozesse verbunden ist.

In der ersten Phase des SPP (2022–2024) konnten Desiderate in der wissenschaftlichen Erforschung, kulturpolitischen Repräsentation und gesellschaftlichen Nutzung jüdischen Erbes identifiziert und auf der Basis interdisziplinärer Forschung in Fragestellungen übersetzt werden. Die zweite Phase legt den Fokus auf empirisch basierte sowie gegenwartsbezogene Grundlagenforschung, die anhand der Entwicklung konkreter Modelle und Konzepte zur Lebendigkeit und Nachhaltigkeit jüdischen Erbes Potenziale der praktischen Umsetzung aufzeigt. 

Wenn beispielsweise jüdisches Kulturerbe in seiner materiellen wie immateriellen Form in die gegenwärtigen Lebenswelten von Jüd*innen und Nichtjüd*innen eingebunden ist, stellt sich die Frage, ob und inwiefern eine empirische Erforschung jener Lebenswelten wichtige Einblicke in die zeitgenössischen, oft transformierten Formen, Nachklänge, Bedeutungen und Kontexte des jüdischen Erbes liefert. Wie bedingen Kenntnisse zur gesellschaftlichen Einbettung jüdischen Kulturerbes konkrete Maßnahmen zu dessen Erhalt und Weitergabe? Inwiefern können empirisch erhobene Daten zum gesellschaftlichen Umgang mit jüdischem Erbe eine Neuausrichtung des Diskurses zu kultureller Nachhaltigkeit bedingen und letztlich dazu führen, dass die Umsetzung der Sustainable Development Goals überdacht wird?

Zielgruppe und methodischer Rahmen

Das Schwerpunktprogramm richtet sich an Wissenschaftler*innen aller Fachrichtungen, die sich interdisziplinär mit Gegenständen und Konzepten des jüdischen Kulturerbes in der Gegenwart unter kritischer Berücksichtigung von Fragen kultureller Nachhaltigkeit befassen. Voraussetzungen zur Teilnahme am Schwerpunktprogramm bilden neben der inhaltlichen Ausrichtung im Sinne der o.g. wissenschaftlichen Zielsetzung

  1. formal die interdisziplinäre Struktur der Einzelprojekte als Tandem (Beteiligung von mindestens zwei Disziplinen);
  2. methodisch die Integration sozialkonstruktivistischer Perspektivierungen im Sinne der Critical Heritage Studies, die über rein affirmative und dokumentierende Ansätze zum jüdischen Kulturerbe deutlich hinausgehen; und
  3. ein empirischer Zugang als Grundlage zur Erarbeitung von Transferkonzepten zwischen Wissenschaft und Gesellschaft.

Wünschenswert sind darüber hinaus die partizipative oder dialogische Einbindung von 

  1. jüdischen Akteur*innen und Institutionen im Wirkungsbereich lokaler und/oder globaler Kulturerbe-Politik; 
  2. Citizen-Science-Ansätzen, etwa an der Schnittstelle zwischen akademischen und praxisorientierten Bereichen des Kulturerbes; oder 
  3. Akteur*innen kultureller Arbeit auf den Ebenen der Bildung, Kulturvermittlung, Kultur-/Minderheitenpolitik, Community Work, der Museumspraxis, der Erinnerungspolitik oder auch des Zivilschutzes. 

Vor diesem Hintergrund können und sollen kritisch hinterfragt und reflektiert werden:

  1. die multidimensionalen Beziehungen zwischen jüdischem Kulturerbe und Gesellschaft;
  2. die heterogenen Öffentlichkeiten jüdischen Erbes unter Berücksichtigung des aktuellen Stellenwerts jüdischen Kulturerbes in gegenwärtigen jüdischen Lebenswelten, die durch derzeitige gesellschaftliche Entwicklungen in der Welt maßgeblich bestimmt werden;
  3. Transformationen jüdischen Erbes in der Gegenwart, oder auch in einer (begründeten) historischen Perspektivierung. Die Projektanträge sollen daher Auskunft geben über das projektinterne Verständnis transferorientierter Forschung und deren theoretische Prämissen, sowie die anvisierte Form der aus den Projekten entwickelten Anwendungspotenziale.

Arbeitsformat Verbundforschung

Methoden und Forschungsgegenstände werden zusammengeführt in einzelnen interdisziplinären Tandemprojekten, die von Forscher*innen aus mindestens zwei unterschiedlichen Fachgruppen konzipiert werden. Grundlegende Aspekte sowie übergreifende kritische Fragestellungen zu kultureller Nachhaltigkeit des jüdischen Kulturerbes werden in obligatorischen regelmäßigen Formaten des SPP-Forschungsverbunds ausgetauscht und abgeglichen. Die regelmäßige und aktive Teilnahme an den Veranstaltungen des Programmausschusses des SPP 2357 wird vorausgesetzt.

Antragstellung

 Reichen Sie Ihren Antrag für die zweite Förderphase bitte bis spätestens 28. August 2024 bei der DFG ein. Die Antragstellung erfolgt ausschließlich über das elan-Portal zur Erfassung der antragsbezogenen Daten und zur sicheren Übermittlung von Dokumenten. Sofern Sie beabsichtigen, einen Neuantrag einzureichen, wählen Sie bitte unter „Antragstellung – Neues Projekt – Schwerpunktprogramm“ im elektronischen Formular aus der angebotenen Liste „SPP 2357 – Jüdisches Kulturerbe" aus.

Handelt es sich bei dem Antrag innerhalb dieses Schwerpunktprogramms um Ihren ersten Antrag bei der DFG, beachten Sie, dass Sie sich vor der Antragstellung im elan-Portal registrieren müssen. Ohne Registrierung bis zum 14. August 2024 ist eine Antragstellung nicht möglich. Bitte wählen Sie im Registrierungsformular bei den abschließenden Angaben ebenso wie bei der Antragstellung Ihr Schwerpunktprogramm aus der angebotenen Liste der Ausschreibungen aus. Die Bestätigung der Registrierung erfolgt in der Regel bis zum darauffolgenden Arbeitstag. 

Antragsteller*innen, die bereits gefördert werden und einen Fortsetzungsantrag stellen wollen, müssen den Antrag über die Registerkarte „Antragstellung – Antragsübersicht/Fortsetzungsantrag“ einreichen. Hier wird Ihr in der Förderung befindliches Projekt angezeigt, und Sie können Ihren Fortsetzungsantrag stellen.

Berücksichtigen Sie bitte beim Aufbau Ihres Antrags das DFG-Merkblatt 54.01 zu Sachbeihilfen mit Leitfaden für die Antragstellung und die Hinweise im Merkblatt Schwerpunktprogramm 50.05, Teil B (Links siehe unten).

Die DFG begrüßt ausdrücklich Antragstellungen von Forscher*innen aller Geschlechter und sexueller Identitäten, aus verschiedenen ethnischen, kulturellen, religiösen, weltanschaulichen oder sozialen Hintergründen, verschiedener Karrierestufen, Hochschultypen und Forschungseinrichtungen sowie mit Behinderung oder chronischer Erkrankung. Im Hinblick auf den fachlichen Schwerpunkt dieser Ausschreibung fordert die DFG insbesondere Wissenschaftlerinnen explizit auf, Anträge zu stellen.

 

Weiterführende Informationen 

Detaillierte Informationen zum Schwerpunktprogramm erhalten Sie im Internet unter:

Das elan-Portal der DFG zur Einreichung der Anträge finden Sie unter:

Die Merkblätter DFG-Vordruck 50.05 und 54.01 stehen unter:

Inhaltliche Fragen beantwortet Ihnen die Koordinatorin des Schwerpunktprogramms:

  • Professorin Dr. Sarah M. Ross 
    Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover  
    Europäisches Zentrum für Jüdische Musik 
    Hohenzollernstraße 39 
    30161 Hannover 
    Tel. +49 511 3100-7120 
    sarah.ross@hmtm-hannover.de

Auskünfte zur Antragstellung bei der DFG erteilen: