FAQ: Informationen aus den Ingenieurwissenschaften

Dual-Use Problematik

Im März 2018 hat die DFG den Umgang mit sicherheitsrelevanten Aspekten von Forschungsvorhaben in ihren Leitfaden für die Antragstellung aufgenommen. So sollen Antragsteller*innen ihre Projekte auf mögliche erhebliche Risiken prüfen und gegebenenfalls im Antrag Stellung dazu nehmen. Falls es an der jeweiligen Hochschule eine Kommission für Ethik sicherheitsrelevanter Forschung (KEF) gibt, ist diese zu beteiligen.

Die DFG hat Leitlinien für die internationale Zusammenarbeit herausgegeben anhand derer Antragsteller*innen eine Risikoabwägung für ihr Forschungsprojekt vornehmen können. Mit dieser können etwaige Abhängigkeiten früh und vorausschauend identifiziert werden und die gemeinsam erarbeiteten Forschungsergebnisse geschützt werden.

Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) stellt mehrere einschlägige Informationsquellen zur Verfügung. Unter der Rubrik „Exportkontrolle und Wissenschaft (Academia)“ sind weiterführende Informationen zu finden.

Ethikvotum

Im Rahmen der Projektbeschreibung sind Antragstellende gehalten, über ethische Aspekte ihrer Forschung zu reflektieren und Angaben zu vorgesehenen Untersuchungen am Menschen, an vom Menschen entnommenem Material oder mit identifizierbaren Daten zu machen. 

Auch im Wissenschaftsbereich Ingenieurwissenschaften, die Informatik eingeschlossen, werden vermehrt Vorhaben konzipiert, die diese Aspekte berühren. Da dies für Antragstellende gegebenenfalls Neuland ist, wird hiermit der Rat gegeben, die Angaben zu ethischen Aspekten nach bestem Gewissen zu machen. Im Rahmen der formalen Prüfung durch die DFG-Geschäftsstelle wird jeder Antrag auch auf die Notwendigkeit eines Ethikvotums hin einzeln geprüft. Sollten Informationen fehlen, werden Rückfragen mit der Möglichkeit zur Ergänzung gestellt.

Ist die Durchführung von Untersuchungen am Menschen oder an identifizierbarem menschlichem Material geplant, so ist grundsätzlich eine ethische Evaluierung erforderlich.

Die Stellungnahme einer Ethikkommission ist einzuholen, wenn die Durchführung des Projektes einen negativen Einfluss auf den Menschen haben kann. Beispiele:

  • Besteht ein Risiko für Verletzungen (z.B. Gleichgewichtsverlust nach Virtual-Reality-Versuchen, Interaktionen mit Geräten, an denen sich eine Person verletzen könnte)?
  • Werden persönliche Angaben abgefragt (Testreihen mit persönlichen Daten wie z.B. Studienergebnisse, Auswertung von eigens generiertem Bild- oder Videomaterial, Auswertungen von medizinischen Daten)?
  • Werden Personen psychologisch beeinflusst oder wissentlich über Aspekte des Vorhabens in Unkenntnis gelassen?
  • Werden die Probanden mit psychisch belastenden Situationen konfrontiert (z.B. belastendes (Video-)Material gezeigt)?
  • Werden Personen an den Untersuchungen beteiligt, für die ein besonderes Schutzbedürfnis gilt („vulnerable groups“), wie etwa bei Personen mit eingeschränkter Einwilligungsfähigkeit?

Ausnahmen, bei denen in der Regel kein Ethikvotum erforderlich ist:

  • Nutzendenstudien, bei denen es um die reine Testung von Software-Anwendungen und Plattformen o.Ä. geht, bei der für die Testpersonen kein Risiko besteht
  • Verwendung von öffentlich zugänglichen Datensätzen, deren Erhebung bereits als ethisch unbedenklich eingestuft worden ist bzw. für welche bereits ein gültiges Ethikvotum vorliegt
  • Nutzung von Material aus Biodatenbanken (Die sichere Entnahme der Materialien und die ethische Prüfung ist durch die Vorgaben der Biodatenbank bereits abgedeckt.)
  • Forschung an humanen embryonalen Stammzellen (Hier ist eine Prüfung und Genehmigung durch die entsprechende Genehmigungsbehörde erforderlich.)
  • Untersuchungen mit elektrophysiologischen Ableitungen (EEG, MEG, NIRS)
  • Tenor der Stellungnahme der Ethikkommission
    • Eindeutig positive Stellungnahme
    • Bestätigung, dass eine Beratung zum geplanten Projekt nicht notwendig ist
    • Stellungnahme, die die Unbedenklichkeit des geplanten Projektes bestätigt und lediglich zusätzliche Empfehlungen und Hinweise gibt oder formale Auflagen macht
    • Mitunter haben Ethikkommissionen vereinfachte Verfahren für die ethische Prüfung von Forschungsprojekten etabliert. Unbedenklichkeitserklärungen dieser Art können ebenfalls akzeptiert werden.
    • Wenn die Ethikkommission inhaltliche Auflagen macht, ist die Entscheidung über einen Forschungsantrag zurückzustellen, bis ein eindeutig positives Votum vorliegt.
  • Zuordnung der Stellungnahme zum Projekt
    • Die Stellungnahme der Ethikkommission muss sich eindeutig auf den zur Begutachtung eingereichten Projektantrag beziehen.
    • Der Titel des Projektantrages wird in der Stellungnahme der Ethikkommission genannt. Wenn der Projekttitel in der Stellungnahme allgemeiner gefasst ist, hat die DFG-Geschäftsstelle zu bewerten, ob diese Stellungnahme auch den zur Begutachtung eingereichten Projektantrag einschließt.
    • Die antragstellende Person bestätigt, dass der vorgelegte Antrag mit dem der Ethikkommission vorgelegten Antrag inhaltlich übereinstimmt.
  • Die Stellungnahme der Ethikkommission sollte an einen der Antragstellenden des DFG-Projektes adressiert sein. Falls dies nicht der Fall ist, muss die antragstellende Person überzeugend erklären, dass sie das Vorhaben entweder von dem Adressaten/der Adressatin des Schreibens übernommen hat oder es mit ihm/ihr gemeinsam betreut, oder sie muss vergleichbare andere Angaben machen.
  • Aktualität der Stellungnahme
    • Bei Neuanträgen soll die Stellungnahme der Ethikkommission nicht älter als zwei Jahre sein.
    • Bei Fortsetzungsanträgen muss erneut eine Stellungnahme der zuständigen Ethikkommission eingeholt werden.
    • Wenn es sich um die Überarbeitung eines abgelehnten Antrags handelt und die Studienplanung keine relevanten Änderungen aufweist, reicht die zum abgelehnten Antrag beigefügte Stellungnahme aus. Sie soll dann aber nicht älter als zwei Jahre sein.
  • Das Ethikvotum ist bereits bei Antragstellung einzureichen. In Ausnahmefällen kann ein Ethikvotum zeitnah nachgereicht werden. Ist ein Ethikvotum erforderlich und liegt zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht vor, kann nicht über Bewilligungsvorschläge entschieden werden. Gegebenenfalls wird die Bewilligung mit einer Mittelsperre versehen.
  • Die Kosten für ein Ethikvotum können nach Bewilligung des Antrages durch die DFG erstattet werden. Dafür müssen die Kosten für das Ethikvotum im Antrag als Sonstige Mittel beantragt werden.

Die Notwendigkeiten für ein Ethikvotum gelten für alle Anträge mit konkretem Projektbezug. Sie gelten nicht, wenn nur Personen gefördert werden (z.B. im Heisenberg-Programm ohne Sachbeihilfe) bzw. wenn keine konkrete Projektbeschreibung einzureichen ist (z.B. im Programm Wissenschaftliche Netzwerke). 

Weitere Besonderheiten:

  • Koordinierte Verfahren
    • Liegt für ein Teilprojekt, über das im Rahmen einer Forschungsgruppe, einer Klinischen Forschungsgruppe, eines Sonderforschungsbereichs oder eines Schwerpunktprogramms entschieden werden soll, zum Zeitpunkt der Entscheidung über einen Bewilligungsvorschlag des Rahmens noch keine ordnungsgemäße Stellungnahme der Ethikkommission vor, so wird die Bewilligung nur dieses Teilprojekts gegebenenfalls mit einer Mittelsperre versehen.
  • Projekte im Ausland
    • Für Projekte, die von der DFG finanziert und teilweise oder vollständig im Ausland durchgeführt werden, müssen die im jeweiligen Land geltenden gesetzlichen Bestimmungen eingehalten werden. Dadurch kann die Einbindung von Ethikkommissionen im jeweiligen Zielland oder Partnerland erforderlich sein.
    • Grundsätzlich können nur solche Forschungsprojekte gefördert werden, die auch den ethischen und gesetzlichen Standards in Deutschland entsprechen. Das Vorliegen einer Stellungnahme einer ausländischen Ethikkommission entbindet nicht von der Prüfung, ob auch eine Stellungnahme einer Ethikkommission in Deutschland einzuholen ist.

Erste Anlaufstelle sollte immer die Ethikkommission Ihrer Einrichtung sein.

Sollte es keine entsprechende Kommission geben oder diese nicht für Anfragen aus den Ingenieurwissenschaften einschließlich der Informatik zuständig sein, bieten Fachgesellschaften oder übergeordnete Zusammenschlüsse von Ethikkommissionen mitunter Alternativen. Hier kann die Liste der Kommissionen für Ethik sicherheitsrelevanter Forschung des Gemeinsamen Ausschusses zum Umgang mit sicherheitsrelevanter Forschung eine Hilfestellung sein: 

Wenn Sie sich unsicher sind und eine Einzelfallberatung wünschen, wenden Sie sich bitte an Dr. Florentin Neumann.

Wenn Sie allgemeine Fragen zu den von der DFG angebotenen Fördermöglichkeiten haben oder Fragen zu fachspezifischen Angelegenheiten haben, stehen Ihnen in der Geschäftsstelle die entsprechenden Ansprechpartner zu Verfügung. 

Erwartungen an den Nachweis wissenschaftlicher Qualifikation für DFG-Projektanträge, bei Neuberufungen aus der Industrie oder anderer Tätigkeiten außerhalb der Wissenschaft

Eine Förderung setzt voraus, dass Ihnen die erfolgreiche Leitung des geplanten Vorhabens zugetraut wird und Sie insbesondere über die nötige fachliche und methodische Expertise verfügen.

Die Qualifikation wird üblicherweise über Publikationen belegt, die eine wissenschaftliche Qualitätssicherung durchlaufen haben. Thematisch passende Publikationen aus Ihrer vorherigen Tätigkeit sollten daher auf jeden Fall im Antrag und im Lebenslauf benannt werden. Dabei können im Lebenslauf neben den klassischen Formaten wie Zeitschriften- oder Konferenzbeiträgen u.a. auch Patente, White Paper, Softwarepakete oder öffentliche Vorträge benannt werden. Dabei sollte der Bezug zum geplanten Vorhaben und Ihr Beitrag zu den Publikationen deutlich gemacht werden.

Neben Publikationen können auch Ihre bisherigen Tätigkeiten als Beleg für Ihre Qualifikation herangezogen werden. Dazu zählen etwa die Leitung von Forschungs- und/oder Entwicklungsprojekten, die Leitung von Unternehmensbereichen oder die Mitwirkung in Verbänden und/oder Gremien. Dies können Sie im Lebenslauf angeben und sollten den Bezug zum geplanten Projekt selbst herstellen.

Welches Maß an Publikationen (in Anzahl und in Qualität) und welche Form des Qualifikationsnachweises von den Gutachter*innen und Gremien akzeptiert wird, hängt dabei von Ihrem spezifischen Lebenslauf ab. So wird z.B. berücksichtigt, ob und in welchem Umfang im Rahmen Ihrer bisherigen Tätigkeiten Publikationen möglich waren. Insgesamt gilt: je länger Sie hauptsächlich wissenschaftlich tätig sind und je Forschungsnäher Ihre bisherigen Tätigkeiten waren, desto mehr qualitätsgesicherte Publikationen werden erwartet.

Neben Ihrer persönlichen Qualifikation wird auch Ihr Arbeitsumfeld berücksichtigt. Sie sollten daher auch darlegen, welche Expertisen dort vorhanden sind und insbesondere einzelne Personen mit den nötigen Qualifikationen benennen. Einzelne Personen mit besonders relevanten Expertisen können Sie auch als Mitverantwortliche für Ihr Vorhaben benennen. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit gemeinsamer Antragstellung, wobei sich die Kompetenzen der Antragsteller*innen komplementär ergänzen sollten.