DFG zeichnet Michael Karl Melzer und „Würzburg Initiative 3R (WI3R)“ aus / Preisverleihung für 13. Oktober in Münster geplant
Der Mediziner Dr. Michael Karl Melzer von der Universität Ulm und die „Würzburg Initiative 3R (WI3R)“ am Fraunhofer-Translationszentrum für Regenerative Therapien sowie der Universität Würzburg erhalten den Ursula M. Händel-Tierschutzpreis 2022 der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Der mit insgesamt 80 000 Euro dotierte Preis wird zum nunmehr neunten Mal an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verliehen, die den Tierschutz in der Forschung im Sinne des 3R-Prinzips verbessern. Die drei R stehen dabei für Replace (Vermeiden), Reduce (Verringern) und Refine (Verbessern).
Während es sich bei Michael Karl Melzer um einen klinisch und wissenschaftlich tätigen Arzt in einem frühen Karrierestadium handelt, besteht die „Würzburg Initiative 3R (WI3R)“ aus einem sehr etablierten Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Namentlich sind dies Dr. Antje Appelt-Menzel, Dr. Gudrun Dandekar, Dr. Florian Groeber-Becker, Dr. Christian Lotz, PD Dr. Marco Metzger, Dr. Maria Steinke und Dr. Daniela Zdzieblo.
„Durch die Forschungsergebnisse von Michael Karl Melzer kann der Einsatz von Versuchsmäusen zukünftig insbesondere in der Krebsforschung auf mehreren Ebenen deutlich reduziert und ersetzt werden. Sein Verfahren besticht dabei durch Einfachheit und eine damit verbundene leichte Übertragbarkeit in die Praxis“, sagte die Vorsitzende der DFG-Senatskommission für tierexperimentelle Forschung, Professorin Dr. Brigitte Vollmar, die auch Mitglied der Händel-Tierschutzpreis-Jury ist. „Die an der ‚Würzburg Initiative 3R (WI3R)‘ beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wiederum entwickeln seit vielen Jahren etliche Gewebemodelle zum Ersatz von Tierversuchen, die sowohl in der Wissenschaft als auch in der pharmazeutischen, chemischen und kosmetischen Industrie Anwendung finden. Der Erfolg des Teams spiegelt sich in einer beeindruckenden Anzahl an Publikationen, Patenten und Projekten.“
Michael Karl Melzer überzeugte die Jury mit seinem Vorschlag, den Verbrauch von sogenannter Basalmembranmatrix wie Matrigel durch die Verwendung der Schweineharnblase, die in der Fleischproduktion in Deutschland meist nicht verwertet wird, zu reduzieren. Basalmembranmatrizes werden unter anderem zur Erforschung der Embryonalentwicklung und Tumorentstehung genutzt. Sie werden in Mäusen durch Transplantation von Tumorzellen hergestellt. Melzer konnte in seinen Untersuchungen zeigen, dass sowohl Bauchspeicheldrüsen-Organoide als auch Bauchspeicheldrüsenkarzinom-Organoide auf der Schweineharnblase sehr gut anwachsen können. Für Letzteres ist bisher eine Transplantation der Karzinomzellen in Versuchsmäuse nötig gewesen. Melzer möchte sein Preisgeld vor allem dazu verwenden, seine Forschungen in diesen Bereichen weiter voranzutreiben.
Melzer studierte Medizin an der TU München und promovierte 2020 ebendort. Seit 2019 arbeitet er in der Abteilung für Urologie und Kinderurologie als Assistenzarzt am Universitätsklinikum Ulm. Neben seiner klinischen Tätigkeit hat er in seiner Postdoc-Phase bereits acht Publikationen veröffentlicht – in Relation zu seinem Karrierestadium eine herausragende Leistung. Aktuell forscht Melzer an stammzellbasierten Systemen, um die Krebsentstehung in der Bauchspeicheldrüse besser verstehen zu können.
Die „Würzburg Initiative 3R (WI3R)“ hatte für ihre Bewerbung die Entwicklung und Anwendung von sechs In-vitro-Modellen der Barriereorgane Haut, Kornea, Darm, Blut-Hirn-Schranke und Lunge sowie für solide Tumoren vorgestellt, die dem „Replacement“ des 3R-Konzeptes dienen. Die Modelle finden beispielsweise in der Infektions- und Krebsforschung sowie bei der Testung von Kosmetika, Nahrungsergänzungsmitteln und medizinischen Produkten wie Medikamenten oder Impfungen bereits jetzt eine breite Anwendung. Mit dem Preisgeld will das Team ein 3R-Netzwerk etablieren, wissenschaftliche Treffen initiieren sowie kleine Projekte fördern.
Seit über zehn Jahren befasst sich die „Würzburg Initiative 3R (WI3R)“ mit der hochkomplexen Modellierung von Krankheitsprozessen und der Testung von Arzneimittelwirkungen unter Vermeidung von Tierversuchen. Eine gemeinsame inhaltliche Klammer ist das Ziel, Barrierefunktionen des Körpers in vitro nachzuahmen. Die dabei erzielten Ergebnisse sind von hoher technischer Qualität und Relevanz für die Anwendung, was eine Vielzahl von Publikationen in renommierten internationalen Journalen belegt.
Der Preisträger und die Preisträgergruppe wurden unter zwölf Bewerberinnen und Bewerbern ausgewählt. Die Preisverleihung ist für den 13. Oktober im Rahmen eines von der Universität Münster organisierten Tierschutztages geplant.
Der Ursula M. Händel-Tierschutzpreis geht auf die Initiative seiner gleichnamigen Stifterin zurück. Die Düsseldorferin Ursula M. Händel (1915–2011) setzte sich über Jahrzehnte in vielfältiger Weise für den Tierschutz ein. So gründete sie unter anderem den Bonner Arbeitskreis für Tierschutzrecht und engagierte sich in diesem Rahmen für die Novellierung des Tierschutzgesetzes. Dem Tierschutz in Wissenschaft und Forschung besonders verbunden, stellte Händel der DFG Mittel für den Tierschutzpreis zur Verfügung. Der Preis wird alle zwei Jahre vergeben. Er ist der höchst dotierte Forschungspreis dieser Art in Deutschland.
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