Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) richtet zur weiteren Stärkung der frühen wissenschaftlichen Karrierestufen zwölf neue Graduiertenkollegs (GRK) ein. Das hat der zuständige Bewilligungsausschuss in Bonn beschlossen. Die neuen GRK werden ab Oktober 2025 fünf Jahre mit insgesamt rund 82 Millionen Euro gefördert. Damit starten die Verbünde aufgrund einer derzeit angespannten Haushaltslage ein halbes Jahr später als üblich. In der Gesamtfördersumme ist eine Programmpauschale in Höhe von 22 Prozent für indirekte Projektausgaben enthalten. Unter den neuen Verbünden ist ein Internationales Graduiertenkolleg (IGK) mit einem Kooperationspartner in Südkorea.
Zusätzlich zu den zwölf Einrichtungen stimmte der Bewilligungsausschuss für die Verlängerung von fünf Graduiertenkollegs für jeweils eine weitere Förderperiode. Diese vergleichsweise geringe Zahl ist dadurch bedingt, dass einige der Ende 2019 bewilligten Graduiertenkollegs ihren Starttermin wegen der Coronavirus-Pandemie nach hinten schieben mussten.
Graduiertenkollegs bieten Doktorand*innen die Möglichkeit, in einem strukturierten Forschungs- und Qualifizierungsprogramm auf hohem fachlichen Niveau zu promovieren. Aktuell fördert die DFG insgesamt 216 GRK, darunter 29 IGK.
(in alphabetischer Reihenfolge ihrer Sprecherhochschulen, unter Nennung der Sprecher*innen sowie der weiteren antragstellenden Hochschulen und der Kooperationspartner):
Bei der Protonentherapie handelt es sich um eine noch recht neue Form der Strahlentherapie zur Behandlung von Tumoren. Der Vorteil von Protonen gegenüber der üblichen Bestrahlung mit Elektronen oder Gammastrahlung liegt darin, dass die Wirkung des Protonenstrahls besonders stark lokalisiert ist und der Tumor somit präziser bestrahlt werden kann – wodurch das gesunde Gewebe und die umliegenden Organe besser geschont werden. Das GRK „AMTEC-PRO – Fortgeschrittene Methoden und Technologien für die Protonentherapie“ will die Protonentherapie durch den Einsatz neuer Methoden und Ansätze präziser, schonender und breiter anwendbar machen, damit zukünftig mehr Patient*innen von dieser Therapie profitieren können. (TU Dortmund, Sprecher: Professor Dr. Kevin Kröninger; ebenfalls antragstellend: Universität Duisburg-Essen)
Migration ist derzeit ein Thema von globaler Tragweite, das gleich aus mehrerlei Hinsicht eng mit dem Begriff der „Krise“ verwoben ist. Neben Krisen als Ursache für Migrationsbewegungen und einer für die westliche Welt proklamierten „Kontrollkrise“ wird Migration dabei zunehmend selbst als eine solche Krise problematisiert. In diesem Zusammenhang bringt das GRK „Mobilitätsrechte im globalen Kontext multipler Krisen“ die Rechts- und Migrationsforschung zusammen. Dabei geht es vor allem der Frage nach, wie Rechte für Migrant*innen aktuell infrage gestellt, eingefordert und umgestaltet werden. (Universität Göttingen, Sprecherin: Professorin Dr. Sabine Hess)
Krebsarten, die den Magen-Darm-Trakt betreffen, sind in der Regel schwierig zu behandeln. Einer der Gründe hierfür ist, dass sich häufig Resistenzen gegenüber Therapien einstellen. Um daran langfristig etwas zu ändern, ist es wichtig, die zugrundeliegenden Anpassungsprozesse von Tumorzellen und ihrer Umgebung besser zu verstehen. Dies ist das Ziel des GRK „Verstehen und Nutzen Therapie-induzierter Adaptationsprozesse in gastrointestinalen Tumorerkrankungen“. Im Fokus stehen dabei vier Krebsarten: Darmkrebs, Leberkrebs, Bauchspeicheldrüsenkrebs und das Gallenblasen- beziehungsweise Gallengangkarzinom. (Universität Göttingen, Sprecherin: Professorin Dr. Elisabeth Heßmann; ebenfalls antragstellend: Medizinische Hochschule Hannover)
Fortschritte in der Computertechnologie haben in den vergangenen Jahren neue Generationen von Erdsystemmodellen ermöglicht, die detaillierte und präzise lokale Informationen über die Auswirkungen der globalen Erderwärmung liefern. Ingenieur*innen können diese Klimadaten in verschiedenen Bereichen nutzen, um technische Lösungen für zukünftige Herausforderungen zu entwickeln. Angesichts der Klimakrise sind vielfach gänzlich neue ingenieurwissenschaftliche Ansätze notwendig. Das GRK „Climate-informed Engineering“ untersucht, wie dieser Transfer gelingen kann. (TU Hamburg, Sprecher: Professor Dr. Nima Shokri)
Kunststoffe unterschiedlicher Art sind aus dem Alltag nicht wegzudenken. Chemisch setzen sie sich aus langen Molekülketten zusammen, den Polymeren. Um diese besser zu verstehen, kommen verschiedene Methoden zum Einsatz, bisher jedoch nur wenige aus der Informatik und Robotik. Hier setzt das GRK „Coin – Copolymerinformatik: Wie digitale Technologien die Copolymerchemie prägen – Vom Design bis zur Anwendung“ an. Ziel ist es, die Methoden der Informatik und Robotik stärker mit der Polymerwissenschaft zu kombinieren. Das soll dabei helfen, Polymere zielgerichteter und effizienter für neue Materialien und Werkstoffe zu entwickeln. (Universität Jena, Professor Dr. Ulrich S. Schubert; ebenfalls antragstellend: Universität Bayreuth)
Aufgrund ihrer Biokompatibilität sind sogenannte Hydrogele in der Biomedizin ebenso wichtig wie im Agrarsektor oder in der plastischen Chirurgie. Aus Gründen der Nachhaltigkeit wäre es jedoch sinnvoll, die dort verwendeten synthetischen Polymere durch Biopolymere aus Landpflanzen und Algen zu ersetzen. Die Variabilität solcher Biopolymere führt allerdings zu unterschiedlichen Gel-Eigenschaften. Hier setzt das GRK „Nachhaltige Hydrogele: Von chemischen Strukturen bis zur Anwendbarkeit“ an – und nimmt dabei den gesamten Lebenszyklus von der Bildung bis zur Alterung nachhaltiger Hydrogele in den Blick. (Karlsruher Institut für Technologie, Sprecher: Professor Dr. Mirko Bunzel)
Membranproteine spielen eine wichtige Rolle für das Funktionieren von Zellen und Geweben. Werden sie fehlgesteuert, kann das zu Erkrankungen führen, zum Beispiel zu Neurodegenerationen, Krebs, Infektionen und Entzündungen. Das GRK „Regulation von Membranproteinen (RTG-ReMPro)“ möchte dieser Regulation auf den Grund gehen und untersucht dabei vor allem sogenannte posttranslationale Veränderungen an Membranproteinen. Hierunter versteht man, dass Proteine nach ihrer Bildung in der Zelle durch hinzugefügte (und teils wieder entfernte) Moleküle verändert werden. Ziel ist es, ein besseres Verständnis dieser grundlegenden Vorgänge zu erlangen. (Universität Kiel, Sprecher: Professor Dr. Christoph Becker-Pauly)
Lungenkarzinome sind weltweit eine der häufigsten Krebstodursachen. Das liegt unter anderem daran, dass bei der Therapie von Lungenkrebs Resistenzen auftreten können und die zugrundeliegenden Mechanismen noch nicht ausreichend verstanden sind. Das IGK „Tumor Heterogenität und Genomische Instabilität in Lungenkarzinomen – Basale Mechanismen und Klinische Implikationen“ will gemeinsam mit Partnern aus Südkorea solchen Therapieresistenzen auf den Grund gehen und dazu grundlagenwissenschaftliche und klinische Aspekte miteinander kombinieren. Im Fokus stehen die geographischen Räume Europa und Ostasien, deren Bewohner*innen sich ethnisch bedingt in ihren Krebsgenomen unterscheiden. Ziel ist es, durch den Vergleich von Proben neue Erkenntnisse über diese Unterschiede zu gewinnen. (Universität Köln, Sprecher: Professor Dr. Reinhard Büttner; Kooperationspartner: Sungkyunkwan University, Südkorea)
Die Informationsverarbeitung im Nervensystem beruht auf der Kommunikation zwischen Neuronen und ihren Partnerzellen. So unterschiedlich die Wege dabei verlaufen, so besitzen sie doch ein gemeinsames Merkmal: Sie sind anpassbar. Dies ermöglicht es, die Signalübertragung etwa als Reaktion auf veränderte physiologische Anforderungen zu steuern. Das GRK „Molekulares Tuning neuronaler Kommunikation – NeuroTune“ will allgemeine strukturelle und funktionelle Prinzipien sowie molekulare Anpassungen erforschen, die für bestimmte Zelltypen oder Signalwege spezifisch sind. (Universität Leipzig, Sprecher: Professor Dr. Robert J. Kittel)
Wie verhalten sich physikalische oder andere Systeme, die auf kleinster Ebene durch zufällige Prozesse modelliert werden, auf einer sehr großen Ebene? Diese mathematische Frage ist in vielen Anwendungsfeldern relevant, etwa in der statistischen Mechanik, in der Systeme mit einer äußerst großen Anzahl von Teilchen nur durch eine Handvoll Beobachtungsgrößen wie die Temperatur genau beschrieben werden können. Das GRK „Rigorose Analysis von komplexen zufälligen Systemen“ will unter anderem Systeme aus den Materialwissenschaften betrachten. Ein anderes Beispiel aus demselben mathematischen Kontext ist das Verhalten von Trainingsalgorithmen beim maschinellen Lernen. Derart komplizierte Zufallsphänomene mit mathematischer „Strenge“ zu verstehen, ist eine Herausforderung in der Wahrscheinlichkeitstheorie – und das Ziel des Kollegs. (Universität Münster, Sprecher: Professor Dr. Martin Huesmann)
Kovalente Bindungen gehören zu einem Kernkonzept der Naturwissenschaften – darunter versteht man eine Atombindung, die dadurch entsteht, dass mindestens zwei Atome sich ihre äußeren Elektronen teilen. Mehr darüber herauszufinden, kann sowohl für die Grundlagen der Molekül-chemie als auch für Anwendungen in den Materialwissenschaften von Bedeutung sein. So verspricht ein besseres Verständnis von nur schwach wechselwirkenden oder gar ungepaarten Elektronen neue Möglichkeiten in der Optoelektronik. Ziel des GRK „Regelung kovalenter Bindungen in Molekülen und Materialien“ ist es, solche Verbindungen zu erforschen und zielgerichtet zu verändern. Hierzu gehören verschiedene Forschungsschritte: die Synthese von Molekülen, die Kontrolle der physikalischen und chemischen Eigenschaften, die theoretische Modellierung und schließlich das Einbringen der Bindungen in neue Materialien. (Universität Saarbrücken, Sprecher: Professor Dr. David Scheschkewitz)
Wie reagieren Zellen auf externe Signale und leiten die Informationen ins Zellinnere weiter? Wie wirken Umwelteinflüsse auf die Zelleigenschaften und die Aktivität von Genen? Diesen Fragen widmet sich das GRK „EpiSignal – Interaktion von intrazellulären Signalwegen und Chromatin Modifikationsnetzwerken“. Die Wissenschaftler*innen möchten verstehen, wie die beiden titelgebenden Prozesse miteinander zusammenhängen und sich gegenseitig beeinflussen – darüber ist bisher wenig bekannt. Dabei richten sie ihren Blick auf zwei bestimmte Signalwege, die unter anderem bei Entzündung, Wundheilung und Krebs eine Rolle spielen. Im Verbund arbeiten Forscher*innen aus der Biochemie, Biotechnologie, Mathematik und Informatik eng zusammen. (Universität Stuttgart, Sprecher: Professor Dr. Albert Jeltsch)
(in alphabetischer Reihenfolge ihrer Sprecherhochschulen, unter Nennung der Sprecher*innen sowie der weiteren antragstellenden Hochschulen und der Kooperationspartner, mit Verweisen auf die Projektbeschreibungen in der DFG-Internetdatenbank GEPRIS zur laufenden Förderung):
Weitere Informationen erteilen auch die Sprecher*innen der Graduiertenkollegs.
Ausführliche Informationen zum Förderprogramm und zu den geförderten Graduiertenkollegs finden sich unter:
E-Mail: | presse@dfg.de |
Telefon: | +49 228 885-2109 |
E-Mail: | Armin.Krawisch@dfg.de |
Telefon: | +49 (228) 885-2424 |