Pressemitteilung Nr. 47 | 25. November 2024

DFG fördert sieben neue Sonderforschungsbereiche

Themen reichen von Materialübergängen über die Wiedervernässung von Mooren bis zur Immunregulation in der Leber / 92 Millionen Euro Fördermittel für erste Förderperiode

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) richtet zur weiteren Stärkung der Spitzenforschung an den Hochschulen sieben neue Sonderforschungsbereiche (SFB) ein. Dies hat der zuständige Bewilligungsausschuss in Bonn beschlossen. Die neuen Verbünde werden ab April 2025 zunächst für drei Jahre und neun Monate mit insgesamt rund 92 Millionen Euro gefördert. Darin enthalten ist eine Programmpauschale in Höhe von 22 Prozent für indirekte Projektausgaben. Drei der neuen Verbünde sind SFB/Transregio (TRR), die von mehreren antragstellenden Hochschulen gemeinsam getragen werden.

Zusätzlich zu den sieben Einrichtungen stimmte der Bewilligungsausschuss für die Verlängerung von 23 Sonderforschungsbereichen um je eine weitere Förderperiode, darunter sechs SFB/Transregio. Sonderforschungsbereicheermöglichen die Bearbeitung innovativer, anspruchsvoller und langfristig konzipierter Forschungsvorhaben im Verbund und sollen damit der Schwerpunkt- und Strukturbildung an den antragstellenden Hochschulen dienen; sie werden maximal zwölf Jahre gefördert. Insgesamt fördert die DFG ab April 2025 263 Verbünde. 

Die neuen Sonderforschungsbereiche im Einzelnen

(in alphabetischer Reihenfolge ihrer Sprecherhochschulen und unter Nennung der Sprecher*innen sowie der weiteren antragstellenden Hochschulen):

Der SFB „Interaktionsmethoden zur modularen Wiederverwendung von Bestandstragwerken“ will erforschen, ob sich Betonbauteile aus abrissreifen Gebäuden wiederverwenden lassen, anstatt sie kontrolliert zu zerstören. Lässt sich Beton planmäßig zu Modulen zurückbauen und baukastenartig zu neuen Tragwerken zusammenfügen? Sollte dies gelingen, könnten in Zukunft einzelne Module ausgetauscht und mit neuen Bauteilen kombiniert werden, sodass ein zirkulärer Modulbau entsteht. Auf diese Weise will der Verbund den Fokus auf „Re-Use“ anstelle von „Recycling“ richten und so zu mehr Nachhaltigkeit beim Bau von Gebäuden beitragen. (Universität Bochum, Sprecher: Professor Dr.-Ing. Peter Mark)

„Intelligente Produktionstechnologien für Kunststoff-Leichtbaustrukturen mit belastungsdedizierter 3D-Gradierung der Verstärkungsarchitektur“ will der gleichnamige SFB/Transregio erforschen. Fokus der Forschung ist dabei die Herstellung von Übergängen zwischen Faser-Kunststoff-Verbunden. Die Übergänge stellen bisher eine große Herausforderung für die Serienproduktion von Leichtbaustrukturen dar. Der Verbund setzt dafür auf die sogenannte „3D-Gradierung“ der Materialübergänge. Mit dieser Methode sind fließende Materialverläufe möglich, die verbesserte Eigenschaften bei Beanspruchung ermöglichen. Auf diese Weise könnten zukünftig beispielsweise Straßen-, Schienen- und Luftfahrzeuge sowie landwirtschaftliche Maschinen auf eine ressourceneffiziente und damit auch klimaschonende Weise gefertigt werden. (TU Chemnitz, Sprecher: Professor Dr.-Ing. Lothar Kroll; ebenfalls antragstellend: RWTH Aachen, TU Dresden)

Hauptbestandteil integrierter Schaltungen auf sogenannten Chips sind einzelne Transistoren, die im Laufe der Zeit immer kleiner und leistungsstärker wurden. Diese Skalierbarkeit führte zu niedrigeren Kosten und ist der Hauptgrund für den Einsatz integrierter Schaltungen in fast allen Produkten unserer Gesellschaft. In den vergangenen Jahren hat sich jedoch die tatsächliche Größe eines Transistors nicht mehr wesentlich verringert, die Chiptechnologie scheint ihre Leistungsgrenze erreicht zu haben. Der SFB/Transregio „Zukunftsweisende Elektronik durch aktive Bauelemente in drei Dimensionen“ will mit neuartigen, aktiven Bauelementen das Volumen über der Chipfläche nutzen. Dadurch sollen nun echte 3D-Systeme entwickelt werden, mit denen Leistung und Verarbeitungsgeschwindigkeit der Chips weiter gesteigert werden können. (TU Dresden, Sprecher: Professor Dr.-Ing. Thomas Mikolajick; ebenfalls antragstellend: RWTH Aachen)

Das langfristige Ziel des SFB „Krankheitsmechanismen und funktionelle Wiederherstellung sensorischer und motorischer Systeme“ ist es, Funktionsstörungen des Gehörs und des Auges besser zu verstehen und zu beheben. Da sensorische und motorische Systeme unseres Nervensystems eng miteinander verwoben sind, werden sie im SFB auch gemeinsam untersucht. Die Forscher*innen wollen Krankheitsmechanismen entschlüsseln, die genetischen, altersbedingten und immunologischen Störungen des Innenohrs und der Netzhaut zugrunde liegen. Dazu nutzen sie experimentelle und theoretische Neurowissenschaften im Einklang mit der klinischen Forschung. So wollen sie den Bogen von der Behandlung von Patient*innen über die Grundlagenforschung wieder zurück in die Klinik schlagen. (Universität Göttingen, Sprecher: Professor Dr. Tobias Moser)

Wetscapes, also Landschaften mit hohem Anteil an wassergesättigten Mooren, erbringen wichtige Ökosystemleistungen, wie die Speicherung von Kohlenstoff, Kühlung oder Wasserreinigung. Über Jahrhunderte wurden Moore jedoch zur landwirtschaftlichen Nutzung großflächig entwässert, was eine kontinuierliche Freisetzung großer Mengen an Treibhausgasen und eine Reduzierung der Biodiversität zur Folge hatte. Umfangreiche Wiedervernässungsprogramme sollen nun europaweit diese Effekte rückgängig machen. Dadurch werden jedoch nicht die ursprünglichen Moore wiederhergestellt, sondern es entstehen neuartige Ökosysteme. Der SFB/Transregio „WETSCAPES2.0: neuartige Ökosysteme in wiedervernässten Niedermoorlandschaften“ widmet sich der umfassenden Analyse von Prozessen, die bei der Wiedervernässung von Niedermoorlandschaften ablaufen. Ziel ist es, die starken ökologischen und hydrologischen Veränderungen zu untersuchen und langfristig auch Beiträge zum Management der Wiedervernässungsprojekte sowie zur Nachnutzung der Flächen zu erarbeiten. (Universität Greifswald, Sprecher: Professor Dr. Jürgen Kreyling; ebenfalls antragstellend: Universität Rostock) 

Die Leber ist als größtes und wichtigstes Stoffwechselorgan des menschlichen Körpers einer ständigen Einwirkung von körpereigenen und -fremden Signalen und Antigenen ausgesetzt. Um ihre lebenswichtigen Aufgaben erfüllen zu können, hat die Leber wirksame Mechanismen zur Kontrolle von Entzündungen und zur Herbeiführung von Immuntoleranz entwickelt, denn eine zu aggressive Immunreaktion auf die vielen Antigene würde das Gewebe schädigen. Die Immuntoleranz bietet jedoch auch Krebszellen und Viren einen Überlebensvorteil, indem sie deren Erkennung und Eliminierung durch das Immunsystem verhindert. Der SFB „Immunregulation in der Leber: von Homöostase zur Erkrankung“ will daher die Mechanismen der Immunregulation untersuchen, um so die Grundlage für gezielte Therapien bei Leber- und Gallenerkrankungen zu schaffen. (Universität Hamburg, Sprecher: Professor Dr. Christoph Schramm)

Port-Hamiltonsche Systeme eignen sich für die Beschreibung, Modellierung und Regelung von komplexen Netzwerken wie elektrischen Schaltkreisen, Verkehrsströmen oder Energieversorgungssystemen – also für wichtige Problemstellungen der realen Welt. Die einzelnen Komponenten solcher Systeme können dabei sehr unterschiedlicher Natur sein; über den port-Hamiltonschen Ansatz gelingt eine universelle mathematische Beschreibung der Kopplung zwischen den verschiedenen Komponenten, um entscheidende Systemeigenschaften zu garantieren. Der SFB „Port-Hamiltonsche Systeme“ widmet sich der Erforschung der mathematischen Grundlagen von port-Hamiltonschen Systemen mit dem Ziel, relevante Impulse für andere Wissenschaftsbereiche zu setzen. (Universität Wuppertal, Sprecherin: Professorin Dr. Birgit Jacob)

Die für eine weitere Förderperiode verlängerten Sonderforschungsbereiche 

(in alphabetischer Reihenfolge ihrer Sprecherhochschulen, unter Nennung der Sprecher*innen sowie der weiteren antragstellenden Hochschulen und mit Verweisen auf die Projektbeschreibungen in der DFG-Internetdatenbank GEPRIS zur laufenden Förderung):

Weiterführende Informationen

Weitere Informationen erteilen auch die Sprecher*innen der Sonderforschungsbereiche.

Ausführliche Informationen zum Förderprogramm und zu den geförderten Sonderforschungsbereichen unter:

Medienkontakt

Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der DFG
E-Mail: presse@dfg.de
Telefon: +49 228 885-2109

Ansprechpartnerin in der DFG-Geschäftsstelle

Dr. Suzanne Zittartz-Weber
E-Mail: Suzanne.Zittartz-Weber@dfg.de
Telefon: +49 (228) 885-2304