Cannabidiol in Lebensmitteln: mögliche Gesundheitsrisiken

DFG-Senatskommission zur gesundheitlichen Bewertung von Lebensmitteln hat Risiko-Nutzen-Analyse durchgeführt / Forderung nach besserer Aufklärung von Verbraucher*innen

Ob in Nahrungsergänzungsmitteln, Schokolade, Tee oder Gummibärchen – Cannabidiol (kurz CBD) hat sich in den vergangenen Jahren zu einem Lifestyle-Trend auf dem Lebensmittelmarkt entwickelt. Obwohl Cannabidiol ein Bestandteil der Hanfpflanze ist, hat es keine berauschende Wirkung, anders als Δ9-Tetrahydrocannabinol (Δ9-THC). Dennoch ist noch nicht ausreichend bekannt, welche Auswirkungen der Stoff auf die Gesundheit hat, und die auf dem Markt erhältlichen Lebensmittel mit CBD sind nicht offiziell zugelassen. Die Arbeitsgruppe „Lebensmittelinhaltsstoffe“ der Senatskommission zur gesundheitlichen Bewertung von Lebensmitteln (SKLM) der DFG hat jetzt eine wissenschaftlich fundierte Bewertung des potenziellen Nutzens und der Risiken von CBD bzw. von mit CBD versetzten Lebensmitteln vorgenommen. Das Ergebnis: In dem für Lebensmittel relevanten Dosisbereich gibt es keine ausreichenden Belege für die angeblichen gesundheitlich vorteilhaften Wirkungen von CBD. Gleichzeitig besteht schon in diesem Dosisbereich das Risiko von Leberschäden und möglichen Wechselwirkungen mit Medikamenten. Die Studie ist in der Fachzeitschrift „Nutrients“ erschienen.

CBD wird meist in Form von Ölen vertrieben und mit dem Hinweis auf zahlreiche positive Wirkungen beworben – zum Beispiel hinsichtlich positiver Effekte auf die körperliche Leistungsfähigkeit, das Immunsystem, Stress, Schmerzen oder Menstruationsbeschwerden. Der wissenschaftliche Nachweis für solche Wirkungen fehlt allerdings häufig. Hinzu kommt, dass Cannabinoide und Hanfextrakte Lebensmitteln generell nicht nach Belieben zugesetzt werden dürfen. Der Grund: Lebensmittel mit CBD-Zusatz fallen in die Gruppe der neuartigen Lebensmittel, sogenannte Novel Foods. Diese bedürfen einer Zulassung durch die EU-Kommission, wozu auch eine Bewertung gesundheitlicher Risiken durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) gehört. In der EU sind derzeit zwar keine CBD-haltigen Produkte zugelassen, in der Realität werden in Europa aber trotzdem viele solcher Produkte angeboten. 

Um zu untersuchen, welche möglichen positiven und nachteiligen Auswirkungen CBD auf die Gesundheit von Menschen haben kann, führten die Wissenschaftler*innen der SKLM-Arbeitsgruppe eine Risiko-Nutzen-Analyse unter Berücksichtigung der Leitlinien der EFSA durch. Dazu werteten sie bisher veröffentlichte Studien zu Wirkungen und Nebenwirkungen von CBD aus. Maßgeblich für die Bewertung waren dabei insbesondere Humanstudien, in denen die Proband*innen CBD in reiner Form in Mengen von bis zu 300 Milligramm pro Tag einnahmen. Diese Aufnahmemengen liegen unterhalb des Dosisbereichs, in dem CBD als Arzneimittel eingesetzt wird. Studien mit Cannabis, CBD in Kombination mit Δ9-THC oder unspezifizierten Hanfextrakten wurden nicht berücksichtigt.

„Nach eingehender Prüfung der vorliegenden Daten müssen wir feststellen: Für die oft beworbenen gesundheitlichen Vorteile von CBD in Lebensmitteln fehlt bislang die wissenschaftliche Grundlage“, sagt Professorin Dr. Angela Mally von der Universität Würzburg, Mitglied der SKLM und Leiterin der SKLM-Arbeitsgruppe „Lebensmittelinhaltsstoffe“. Dies gelte insbesondere für den Dosierungsbereich von unter 300 Milligramm pro Tag, der für Lebensmittelprodukte relevant ist.

Gleichzeitig zeige die Auswertung von Studien mit dem Fokus auf gesundheitsschädigende Effekte, dass CBD dosisabhängige und teils schwerwiegende Nebenwirkungen haben kann – insbesondere bei langfristiger oder hochdosierter Anwendung. Diese gesundheitsschädigenden Auswirkungen betreffen vor allem die Leber und mögliche Wechselwirkungen mit Medikamenten. Darüber hinaus geben die Studienergebnisse Hinweise auf negative Auswirkungen auf das Nervensystem, den Gastrointestinaltrakt, das Hormonsystem, die Reproduktion und die Fruchtbarkeit.

Als einen Hauptschritt der Risikobewertung führten die Wissenschaftler*innen eine sogenannte Expositionsabschätzung durch, um zu bewerten, ob die Aufnahmemengen der Verbraucher*innen bereits im Dosisbereich gesundheitsschädlicher Wirkungen liegen. Das Ergebnis: Verbraucher*innen, die CBD-Öle mit einem durchschnittlichen Gehalt an CBD verzehren, überschreiten bereits die von der britischen Food Standards Agency abgeleitete akzeptable tägliche Aufnahmemenge (ADI, steht für acceptable daily intake) von 10 Milligramm CBD pro Tag deutlich. Zudem können sie sogar Dosierungen erreichen, bei denen erste Hinweise auf gesundheitsschädigende Wirkungen auftraten (LOAEL, für lowest adverse effect level). Hinzu kommt: Werden hochdosierte CBD-Öle verwendet, können die Aufnahmemengen bereits im Bereich therapeutischer Dosierungen von 600 bis 1000 Milligramm pro Tag liegen, wie sie zum Beispiel bei Patient*innen mit Epilepsie eingesetzt werden. 

„Die höchste Dosis, bei der noch keine gesundheitsschädigenden Wirkungen beobachtet werden, ist derzeit nicht bekannt“, sagt Angela Mally. Die Arbeitsgruppe der SKLM weist daher darauf hin, dass eine Überschreitung des vorläufigen ADI-Wertes vermieden werden sollte. Allerdings enthalten zahlreiche Nahrungsergänzungsmittel, die derzeit trotz fehlender Zulassung auf dem Markt sind, mehr als 10 Milligramm CBD pro empfohlener Portion. Je nach CBD-Gehalt und Dosierungsempfehlungen könne die durch solche Produkte aufgenommene CBD-Menge leicht den ADI-Wert überschreiten – und sogar die niedrigste Dosis, bei der bereits leberschädigende Wirkungen beim Menschen beobachtet wurden.

Aufgrund ihrer Studienergebnisse empfiehlt die SKLM eine verstärkte Risikokommunikation zur besseren Aufklärung. „Wir halten eine Information der Verbraucher*innen für dringend erforderlich“, betont Angela Mally.

Förderung:

Die Studie wurde durch die DFG gefördert.

Originalpublikation:

Engeli, B. E., Lachenmeier, D. W., Diel, P., Guth, S., Villar Fernandez, M. A., Roth, A., Lampen, A., Cartus, A. T., Wätjen, W., Hengstler, J. G. & Mally, A.: Cannabidiol in Foods and Food Supplements: Evaluation of Health Risks and Health Claims(externer Link)Nutrients (2025)

Sekretariat der Senatskommission zur gesundheitlichen Bewertung von Lebensmitteln

Fachliche Ansprechpartnerin in der DFG-Geschäftsstelle

Dr. Anke Deggerich
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