In nahezu allen Wissenschaftsgebieten können Forschungsergebnisse, die große Chancen eröffnen, auch missbraucht werden. Diese mit dem Stichwort „Dual-Use“ gekennzeichnete Problematik löst immer wieder Diskussionen über Nutzen und Risiken einzelner Projekte aus.
Die Frage, wie dies zu lösen ist, stellt sich, seit Menschen forschen. Die DFG hat dazu, zum Teil gemeinsam mit anderen Wissenschaftorganisationen, mehrfach Stellung bezogen.
Im November 2014 haben die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina, die DFG und der Deutsche Ethikrat bei einem gemeinsamen wissenschaftlichen Symposium die Frage „Rechtfertigen die Erfolgschancen die Risiken?“ in den Fokus gerückt. Ziel der Veranstaltung war es, das Problembewusstsein für einen möglichen Missbrauch von Forschungsergebnissen stärken. Dazu betrachteten Expert*innen in Workshops ausgewählte Forschungsbereiche: Beispielsweise der Forschung an hochpathogenen Viren, im Bereich Big Data oder beim 3D-Druck. Auch die Frage nach Sinn und Konsequenzen von Publikationsbeschränkungen oder dem Verbot bestimmter Forschungsvorhaben steht zur Diskussion. Auch diese Veranstaltung befasste sich mit der Frage nach Ethikregeln und der gesetzlichen Reglementierung von Forschung, um den Missbrauch nützlicher Forschungsergebnisse zu verhindern.
Mit der Stellungnahme „Wissenschaftsfreiheit und Wissenschaftsverantwortung hatten Leopoldina und DFG im Juni 2014 auf die Forderung reagiert, dass die Wissenschaft ethische Prinzipien sowie Mechanismen zum verantwortungsvollen Umgang mit Forschungsfreiheit und Forschungsrisiken auch selbst entwickeln muss. Insofern sind die beiden Organisationen mit der Veröffentlichung ihrem satzungsgemäßen Auftrag zur Beratung von Wissenschaft, Politik und Öffentlichkeit nachgekommen.
Das Thema des Missbrauchs wissenschaftlicher Erkenntnisse beschäftigt die DFG jedoch schon weit länger. So hat sie im Jahr 2013 den schon 2008 veröffentlichten Verhaltenscodex zum Umgang mit hochpathogenen Mikroorganismen und Toxinen aktualisiert, um Forscher*innen besonders in diesem Feld für die Risiken zu sensibilisieren.
Bei einem Gesprächsaben am 1. April 2019 des Gemeinsamen Ausschusses zum Umgang mit sicherheitsrelevanter Forschung, veranstaltet von der DFG und Leopoldina in der Berliner Charité, wurde genau darüber diskutiert: Wer trägt die Verantwortung, wenn bahnbrechende Forschungsergebnisse auch unbeabsichtigte schädliche Folgen haben können, etwa die Herstellung biologischer Massenvernichtungswaffen ermöglichen? Reicht die eigenverantwortliche Restriktion der Wissenschaftler in solchen Fällen aus oder sollte die verfassungsrechtlich geschützte Wissenschaftsfreiheit durch Gesetze weiter eingeschränkt werden? In Impulsvorträgen näherten sich die Juniorprofessorin Sabine Salloch und der Science-Fiction-Autor Andreas Brandhorst diesen Fragen. Anschließend sprachen sie mit den Gästen in einer moderierten Podiumsdiskussion aus verschiedenen Blickwinkeln über die Wissenschaftsfreiheit, der damit verbundenen Verantwortung, über Missbrauchsszenarien und tatsächliche oder überschätzte Risiken für die Gesellschaft.