(29.01.20) Vor rund einem Jahrzehnt veröffentlichten die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und die brasilianische Stiftung zur Förderung des Hochschulnachwuchses (CAPES) die erste Ausschreibung im Bereich der Produktionswissenschaften. Dies bildete die Grundlage für den Forschungsverbund Brazilian German Collaborative Research Initiative in Manufacturing Technology (BRAGECRIM). Das Ziel war, die Forschung in diesem Bereich sowie technisches Wissen zu fördern und somit langfristig die Entwicklung innovativer Lösungen zur Verbesserung der Produktivität, Qualität und Nachhaltigkeit brasilianischer und deutscher Unternehmen zu ermöglichen.
Dank dieser Initiative wurden in zehn Jahren 35 Projekte gefördert, jedes mit einer Laufzeit von bis zu vier Jahren. Sie erhielten Unterstützung für Forschungsstipendien und -positionen, Studienreisen sowie Sachmittel und Investitionen für die bilaterale Forschung. Insgesamt wurden 277 Studienreisen von CAPES und der DFG finanziert.
Für den Leiter internationaler Beziehungen bei CAPES, Mauro Rabelo, stärken derartige Initiativen die Bedeutung der Kooperation zwischen wissenschaftlicher Forschung und industrieller Entwicklung: „Wenn Universität und Industrie im Dialog stehen, tragen wir zum soliden Wachstum des Landes bei.“
Klaus Schützer, Leiter des BRAGECRIM-Projekts an der Universidade Metodista de Piracicaba im Bundesstaat São Paulo, beteiligte sich zweimal am Programm. Beim ersten Mal, im Jahr 2009, war die Integration von Systemen in der Industrie das Ziel der Forschungsarbeit, von der Entwicklungsstufe bis zur Produktion. Die Forschungen intendierten eine Reduzierung des Aufwands bei der Durchführung der Aufgaben, mit Schwerpunkt auf den Anforderungen der Produktionskette.
Das zweite, im Jahr 2014 gestartete Projekt widmete sich dem Thema Industrie 4.0 und hierbei der Erforschung von intelligenten Komponenten für die industrielle Entwicklung. Die größte Herausforderung des Projekts war die Abstimmung zwischen der wissenschaftlichen Entwicklung und den Ansprüchen der Industrie.
„BRAGECRIM war ein Wendepunkt. Das Programm ermöglichte auf neuartige Weise Forschung und internationalen Austausch, das Studierende von der Graduierung bis zum Postdoktorat mit einbezog“, bestätigt Schützer.
Als Leiter eines BRAGECRIM-Projekts an der Bundesuniversität in Rio Grande do Sul (UFRGS) hat Carlos Eduardo Pereira ein Forschungsprojekt geleitet, das zum Ziel hatte, Komponenten zum Vorhersagen von Geräteausfällen zu entwickeln. Die Resultate des Projekts wurden während der Laufzeit sowohl in Brasilien als auch in Deutschland angewandt. „Es handelt sich um hoch relevante Industrieausrüstungen. Wir können die Ersatzteile vor dem Ausfall herstellen und somit Zeit und Geld sparen.“
Dr.-Ing. Ferdinand Hollmann, Programmdirektor der DFG, konstatiert: „Ausgangspunkt zu Beginn der 2000er-Jahre war die Entwicklung Brasiliens und seiner Wirtschaft, speziell im Bereich des Manufacturing Engineering zu einem quasi „Hidden Champion“. Verbunden mit dem Umstand, dass viele Wissenschaftler Brasiliens ihre wissenschaftliche Ingenieurausbildung in Europa und Deutschland abgeschlossen haben und damit in Brasilien Forschung auf hohem Niveau betreiben, lag es auf der Hand, die mehr zufällig und losgelöst voneinander bestehenden wissenschaftlichen Kooperationsbeziehungen im Bereich des Manufacturing zu bündeln und den wissenschaftlichen Mehrwert für beide Seiten zu steigern. Mit BRAGECRIM ist es gelungen, sowohl die wissenschaftlichen Kooperationen im Bereich des Manufacturing Engineering auf eine breitere Basis zu stellen als auch den wissenschaftlichen Austausch insbesondere der jungen Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler zum gegenseitigen Vorteil deutlich zu verstärken.“
Das Jubiläum der Zusammenarbeit wurde vorzeitig mit einer im Jahr 2018 eröffneten Ausschreibung gefeiert, der neuen DFG-CAPES Collaborative Research Initiative (PIPC), die als Nachfolgerin von BRAGECRIM gilt. Die Initiative startete 2018, und die beiden ersten im selben Jahr veröffentlichten Ausschreibungen umfassten drei Forschungsfelder: Industrie 4.0 und Digitalisierung, die Chemie und die Rechtswissenschaften.
Die Finanzierung bilateraler Forschungsprojekte in diesen wissenschaftlich starken Bereichen mit hohem Kooperationspotenzial soll die bilaterale Zusammenarbeit in der Forschung weiter intensivieren. Ein weiteres wichtiges Ziel ist die mittel- und langfristige Kooperation der einzelnen bilateralen Projekte, die die Bildung erweiterter Forschungsnetzwerke ermöglichen soll. Diese Maßnahmen beabsichtigen die Förderung wissenschaftlicher Exzellenz sowie die Internationalisierung der deutschen und brasilianischen Communities im jeweiligen Forschungsgebiet. Auch der Austausch zwischen Doktoranden, Postdoktoranden und erfahrenen Wissenschaftlern soll gesteigert werden. Somit entsteht ein wesentlich höherer wissenschaftlicher Mehrwert als der, der auf Landesebene erzielt werden könnte.
Der Abschluss der ersten ausgewählten Projekte ist für 2022 vorgesehen. Nach den jeweiligen Richtlinien von CAPES und DFG ermöglicht die Initiative die bilaterale Graduierung, Forschungspraktika für Masterabschlüsse. Sie gewährt außerdem Stipendien für Studierende, Promovierende und Postdoktoranden. In diesem Sinne sollen im Jahr 2020 neue Ausschreibungen in den genannten Bereichen veröffentlicht werden.
Mehr Informationen zur Zusammenarbeit zwischen DFG und CAPES im Programm PIPC: