Leibniz-Preisträger und Neurowissenschaftler Marco Prinz "live" in New York

Porträt Prof. Dr. Marco Prinz

Prof. Dr. Marco Prinz

© Privat

(29.11.21) Gemeinsam mit dem Deutschen Wissenschafts- und Innovationshaus (DWIH) New York und dem Verbindungsbüro der Universität Freiburg hatte die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) am Abend des 17. November zu einem Vortrag des Freiburger Neurowissenschaftlers und Leibniz-Preisträgers Professor Dr. Marco Prinz in den Saal von 1014 Fifth Avenue eingeladen. Nach kurzen Begrüßungen durch das Deutsche Generalkonsulat und das DWIH führte der Leiter des Nordamerika-Büros der DFG, Dr.-Ing. Georg Bechtold kurz in die Bedeutung des Leibniz-Preises für die internationale Sichtbarkeit der Forschung in Deutschland ein, bevor Dr. Matthias Haury vom Max Planck Florida Institut in den neurowissenschaftlichen Kontext und die Biografie von Prof. Prinz die Bühne für seinen Vortrag bereitete. Auf gleichsam informative wie unterhaltsame Weise schlug er den Bogen vom alten Ägypten, wo man dem Gehirn keinen besonderen Rang einräumte und lediglich darüber erstaunt war, dass sich dieses Organ bei Verstorbenen in der afrikanischen Sonne verflüssigte, bis in die Anfänge einer wissenschaftlichen Neuropathologie im 19. Jahrhundert mit Namen wie Alois Alzheimer, Rudolf Virchow und Siegmund Freud (sic!).

Marco Prinz und Matthias Haury

Marco Prinz und Matthias Haury

© DFG

Richtig spannend wurde es für den für Prinz bedeutsamen Teil der Erforschung des Zentralen Nervensystems (ZNS) mit der ersten Visualisierung der Mikroglia-Zellen im Gehirn durch Pio del Rio Hortega im Jahre 1919. Hundert Jahre nach dieser Entdeckung, so Prinz, seien die verschiedenen Funktionen dieses Zelltyps, der eigentlich dem menschlichen Immunsystem zuzuordnen sei und als Makrophagenäquivalent des Gehirns angesehen werde, bei weitem nicht aufgeklärt.

Durch eine immer bessere Auflösung von bildgebenden Verfahren (Multiphotonenmikroskopie) und neuerdings auch durch die Verfügbarkeit von DNA-Sequenzierung einzelner Zellen (Single-cell RNA-sequencing, scRNA-seq) sei man mittlerweile in der Lage, das Gehirn funktional ganz anders zu kartographieren und auf Basis einzelner Zellen immunologische Aspekte zahlreicher Gehirnerkrankungen wie Alzheimer oder Multipler Sklerose (MS) aufzuklären. Bei den allermeisten solcher Erkrankungen träten Mikroglia-Zellen, die ansonsten als „Gärtner und Müllabfuhr“ sehr hilfreich im Gehirn tätig seien, als „bad guys“ in Erscheinung und bislang sei noch unklar, ob die beobachteten Veränderungen der Mikroglia-Zellen Ursache oder Auswirkung der pathologischen Gehirnbefunde seien. Darum sei dieser Zelltyp derzeit mit das wohl spannendste Forschungsobjekt im menschlichen Gehirn und dank eines weltumspannenden Netzwerks von Forschenden und entsprechenden Investitionen von Forschungsförderorganisationen wie der DFG sei – verglichen mit der Zeitspanne seit Entdeckung der Mikroglia-Zellen – zeitnah mit Durchbrüchen beim Verständnis ihrer Rolle in pathologischen Veränderungen des Gehirns zu rechnen. Freiburg spiele darin als Standort eine hervorragende Rolle und die Stadt sei zudem aus vielerlei anderen Gründen äußerst lebenswert.

Angeregte Diskussion mit dem Publikum

Angeregte Diskussion mit dem Publikum

© DFG

Die von Dr. Haury moderierte Diskussionsrunde reizte die interessierten Laien unter den gut 50 Zuhörenden angesichts der Aussichten auf ein besseres Verständnis und entsprechend bessere Präventions- bzw. Heilungsaussichten für Erkrankungen des ZNS. Die wenigen Fachfrauen und –männer im Publikum gaben der Diskussion dann aber auch den Charakter eines neurowissenschaftlichen Kolloquiums, wobei es Professor Prinz und Dr. Haury sehr gut verstanden, die fachlichen Antworten für alle Anwesenden verständlich zu halten. Die zahlreichen Diskussionen wurden im Anschluss noch bei einem kleinen Empfang fortgesetzt, dessen Lebhaftigkeit, wie auch die der Lecture zuvor, ein deutliches Zeichen für den Erfolg der Veranstaltung war.