(09.05.22) In einem Beitrag für Issues in Science and Technolog befassen sich Nicholas Robichaud, Jessica Rosenberg und James Olds1 mit der sich verändernden Rolle des National Science Board (NSB) in der Governance einer stark gewachsenen und künftig wohl noch stärker wachsenden National Science Foundation (NSF) und regen an, dass sich das NSB aus dem Alltagsgeschäft der NSF zurückziehen und auf seine Funktion als wissenschaftliches Beratungsgremium der US-Regierung konzentrieren solle. Der Text argumentiert historisch mit einem Rückblick auf die Genese von NSB und NSF mit dem National Science Foundation Act of 1950 („Organic Act“) und einer finanziellen Ausstattung in Höhe von 37 Mio. USD (umgerechnet auf den heutigen Kurs 421 Mio. USD), die auf mittlerweile 8,6 Mrd. USD angewachsen sei und sich künftig nach Plänen der Regierung noch einmal verdoppeln solle.
Diese Ausweitung erfordere eine Überprüfung der im „Organic Act“ festgelegten Hierarchie und Aufgabenverteilung des NSB und der NSF. Das NSB sei in einer Doppelfunktion einerseits als wissenschaftliches Beratungsgremium gegründet worden, andererseits, um die Richtlinien der nicht an ein Ministerium gebundenen NSF zu bestimmen. Dazu habe das NSB ein Leitungsgremium aus 24 durch den Präsidenten bestimmten Mitgliedern aus akademischen und privatwirtschaftlichen Forschungseinrichtungen, dem ex officio der jeweilige NSF-Direktor als 25. Mitglied angehört. Diese Governance der NSF sei gewachsen, nichtsdestotrotz ungewöhnlich. In anderen föderalen Forschungs- und Fördereinrichtungen führe die Kompetenzleiter vom jeweiligen Direktor über das zuständige Ministerium hinauf zum Präsidenten, bei den großen in der Forschungsförderung tätigen Stiftungen entsprechend vom CEO zum Board of Directors.
Welche Nachteile der NSF aus der gegenwärtigen Situation entstehen können, macht der Text anhand eines großen Infrastrukturprojekts deutlich. Der vom NSB organisierte Aufbau des National Ecological Observatory Network (NEON) sei von erheblichen Terminverzögerungen und Budgetsteigerungen belastet gewesen, weil das NSB als wissenschaftliches Gremium mit dem Management eines Großprojekts schlicht falsch oder sogar überfordert gewesen sei. Grund genug, daraus die Lehre zu ziehen: „Reducing NSB’s day-to-day management responsibilities would create an opportunity for its scientific advice functions to be brought to the fore, strengthening the board’s ability to influence national policy.”
Ein derartig neu ausgerichtetes NSB müsse sich freilich sinnvoll in das Ökosystem der Wissenschaftsberatung im Weißen Haus integrieren lassen, das bislang vor allem aus dem White House Office of Science and Technology Policy (OSTP) und dem durch das OSTP administrierte President’s Council of Advisors on Science and Technology (PCAST) bestehe. Gegenüber dem PCAST habe NSB den Vorteil, per Parlamentsbeschluss und nicht durch eine Verfügung des Präsidenten gegründet zu sein. Der Vorteil des PCAST bestehe bislang in einem direkteren Zugang zum Präsidenten. Man könne beide Vorteile in einem neuen National Science and Technology Board (NSTB) vereinen, das eine starke Begründung durch Parlamentsbeschluss mit der Kontinuität von gestaffelten sechsjährigen Amtszeiten und dem Ziel kombiniert, die wissenschaftlich-technische Politikberatung der Regierung noch zu verbessern.
Die NSF könne künftig einem Ministerium bzw. dem OSTP direkt unterstellt werden, oder, wie es heißt, einer „unitary governance structure“. Für die Festlegung der Leitlinien der NSF sei das NSB auf der einen Seite (als Management) zu schlecht, auf der anderen Seite (als Politikberatung) zu gut.
1 Nicholas Robichaud is a senior undergraduate majoring in government at George Mason University. Jessica L. Rosenberg is associate professor of physics and astronomy and education director of the Quantum Science and Engineering Center at George Mason University. James L. Olds served as assistant director of NSF for biological sciences from 2014–2018 and is university professor of neuroscience and public policy at the Schar School of George Mason University.