Für Sie gelesen: Fostering Entrepreneurship in Higher Education: A Comparative Study of Silicon Valley and Germany

Das Deutsche Wissenschafts- und Innovationshaus San Francisco (DWIH SF) hat bei Cambrian Futures ein Paper zur Frage in Auftrag gegeben, warum es trotz beinahe unzähliger Besuche deutscher Delegationen im Silicon Valley noch nicht gelungen ist, in Deutschland ein ähnlich erfolgreiches Biotop nachzubauen, in dem mit öffentlichen Mitteln finanziertes Wissen effizient in weltmarktführende Produkte umgewandelt wird. 

Auf knapp 50 Seiten (plus 10 Seiten Apparat) führt das Paper die wesentlichen Unterschiede zwischen Deutschland und dem Silicon Valley [1] in fünf Dimensionen aus: 1) „Intellectual Property Law and Personell Law“, 2) „Organizational Capacities and Networks“, 3) „Talent Pool and Practices“, 4) „Mindset, Culture and Education“ und 5) „Funding Landscape“. Das Paper scheut dabei nicht vor deutlichen Handlungsempfehlungen zurück.

  1. Mit Bayh-Dole seien 1980 in den USA die Verwertungsrechte an intellectual property (IP) den Hochschulen übertragen worden, was zu einer signifikanten Steigerung der Hochschuleinnahmen aus Verwertungsrechten geführt habe. 2002 habe man in Deutschland den Erfolg von Bayh-Dole nachstellen wollen, allerdings mit deutlich geringerem Erfolg, weil es den Hochschulen und den dort Forschenden an entsprechenden Anreizen fehle und auch an finanziellen Mitteln zur Sicherung von IP. Die Empfehlung hier: Der Bund müsse eine Liste mit Bereichen erstellen, in denen IP erzeugt werden solle, die Mittel bereitstellen, IP-Rechte zu sichern, und zentral zur Verwertung von IP beraten.
  2. Der Technologie-Transfer an deutschen Hochschulen müsse durch die Schaffung von Technology Transfer Offices (TTOs) deutlich stärker professionalisiert werden, wobei Bundeseinrichtungen wie DATI als nationale Service-Einrichtung für die TTOs dienen könnten.
  3. Vor dem Hintergrund, dass Migrant*innen in Deutschland wie den USA einen deutlich überproportional großen Anteil an den unternehmerischen Aktivitäten leisten, müsse Deutschland noch weltoffener werden. Englisch müsse in Deutschland so geläufig werden wie eine zweite Amtssprache, deutsche Hochschulen müssten noch deutlich mehr Bildungsangebote in englischer Sprache machen und internationale Konzerne müssten stärker davon überzeugt werden, ihre jeweiligen europäischen Aktivitäten in Deutschland anzusiedeln.
  4. Die vielleicht deutlichsten Unterschiede zwischen dem Silicon Valley und Deutschland seien im „mindset“ zu finden. Empfehlungen, wie Deutschland insgesamt risiko- und frustrationstoleranter und damit wieder unternehmenslustiger werden könne, gehen von der Wirksamkeit von Beispielen auf lokaler Ebene aus, von Startup-Communities und der gegenseitigen Hilfe in Netzwerken. Der Bildungsbereich sollte dies durch Schulungen in Entrepreneurship flankieren, durch eine interdisziplinäre Ausrichtung, durch problem- und versuchsorientiertes Lernen und die Förderung von Austauschplattformen.
  5. Ebenfalls wirksam sei die in den USA und besonders in Kalifornien deutlich leichtere Verfügbarkeit von Risikokapital, Ergebnis eines über viele Jahre gewachsenen und robusten Umfelds von Venture Capital, das sich aus einer Vielzahl von Kapitalquellen speise, angefangen von öffentlichen Mitteln über Crowdfunding bis hin zu Alumni-Netzwerken. Hier zielen die Empfehlungen auf die Förderung von Unternehmertum an Hochschulen, auf universitäre Risiko-Funds und die Einführung standardisierter Verfahren für die Finanzierung von IP-Transfers.

Das Fazit: Zwar könne man das Modell Silicon Valley nicht einfach auf deutsche Einrichtungen übertragen, doch könnten auf das deutsche Umfeld zugeschnittene Empfehlungen dazu beitragen, aus an Hochschulen oder in deren Umfeld gewonnenem IP BIP werden zu lassen. Das DWIH SF könne zudem dabei unterstützen, die unternehmerischen Ökosysteme an Hochschulen in Kalifornien und Deutschland enger zu verknüpfen.


 

[1] Als ein sehr gut funktionierendes Innovationsbiotop ist das Silicon Valley der Vergleichs-Klassiker, doch nennt das Paper u. a. auch Israel und Singapur als IP-intensive Volkswirtschaften.