Prinzipien wirksamer Karriereunterstützung in der Wissenschaft

Als größte Forschungsförderorganisation und zentrale Selbstverwaltungseinrichtung für die Wissenschaft in Deutschland misst die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) der Förderung der frühen wissenschaftlichen Karriere einen hohen Stellenwert bei und hat sie als Satzungsziel verankert. Mit ihren Aktivitäten und Förderinstrumenten setzt sie Impulse für forschungs- und karrierefreundliche Strukturen, für planbare Karrierewege, kompetitive Entlohnung und Ausstattung, Chancengleichheit sowie für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Bei ihren Förderprogrammen legt die DFG stets großen Wert darauf, dass die Auswahl von Personen und Projekten durch einen transparenten und kompetitiven Begutachtungsprozess erfolgt, bei dem die jeweilige Forschungserfahrung und Karrierestufe der Antragsteller*innen entsprechend berücksichtigt werden.

Die DFG vergibt Fördergelder für die Durchführung von Projekten und für die Qualifizierung von Wissenschaftler*innen in frühen Karrierephasen. Da die DFG nicht selbst als Arbeitgeberin fungiert, sieht sie die Fürsorgepflicht bei den Betreuungspersonen und aufnehmenden Institutionen. Von diesen erwartet die DFG daher Rahmenbedingungen, die eine wirksame Karriereunterstützung gewährleisten.

Aus diesen Erwägungen heraus hat die DFG folgende Prinzipien entwickelt, die sie ihren Mitgliedseinrichtungen sowie allen Institutionen und Personen zur Orientierung nahelegt, die von der DFG Mittel erhalten, mit denen Wissenschaftler*innen in frühen Karrierephasen finanziert werden.

Diese Prinzipien sind als Ergänzungen zu den Leitlinien zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis zu verstehen. Sie fassen zusammen, wie die Situation von Wissenschaftler*innen in frühen Karrierephasen – das sind insbesondere Promovierende sowie Postdoktorand*innen – gestaltet sein sollte.

  1. Hochschulen und Forschungseinrichtungen haben festgelegte Grundsätze für den Umgang mit Wissenschaftler*innen in frühen Karrierephasen und handeln entsprechend. Sie richten sich dabei unter anderem nach der guten wissenschaftlichen Praxis. Die Regeln der guten wissenschaftlichen Praxis werden auch an Promovierende und Postdocs vermittelt und im Alltag gelebt.
  2. Wissenschaftler*innen genießen ein der Karrierestufe angemessenes Verhältnis von Unterstützung und Eigenverantwortung. Sie werden durch zunehmende Selbstständigkeit in die Lage versetzt, ihre Karriere eigenverantwortlich zu gestalten. Sie genießen einen Status, der ihrer Rolle und ihren Aufgaben entspricht, und haben angemessene Mitwirkungsrechte.
  3. Die individuellen Leistungen jeder Wissenschaftler*in in frühen Karrierestadien, etwa in der Lehre, beim Verfassen von Projektanträgen oder Publikationen, werden adäquat abgebildet und anerkannt. Bei der Bewertung von wissenschaftlicher Leistung werden in erster Linie qualitative Maßstäbe angelegt.
  4. Die Betreuung variiert je nach Karrierestufe. Gute Betreuung umfasst regelmäßige Feedback-Gespräche und Beratung zur zukünftigen Karriere. Insbesondere in der Promotionsphase erfolgt die Betreuung am besten auf der Basis einer Betreuungsvereinbarung mit definierten Ansprechpersonen und einer klaren Festlegung von Rollen, Rechten und Pflichten. Mehrfachbetreuung ist ein geeignetes Mittel, um jederzeit optimale Betreuung sicherzustellen – auch in schwierigen und konfliktreichen Situationen oder wenn eine Betreuungsperson ausfällt. Um Konflikte gut bewältigen zu können, gibt es einen Verhaltenskodex und eine unabhängige Schlichtungsstelle, die bei Bedarf eingeschaltet werden kann. Zusätzlich zur Betreuung gibt es Mentoring-Angebote für die individuelle Unterstützung bei der Karriereentwicklung durch erfahrenere Personen aus dem akademischen Umfeld oder auch aus anderen Bereichen.
  5. Die Betreuung von Wissenschaftler*innen in frühen Karrierephasen ist eine verantwortungsvolle und aufwendige Aufgabe. Weiterbildungsangebote und Führungstrainings können Betreuungspersonen helfen, diese Aufgabe gut wahrzunehmen. Den Betreuungspersonen kommt eine Vorbildfunktion zu. Für gute und engagierte Betreuungsleistung verdienen sie Wertschätzung.
  6. Die Institutionen sind sich ihrer Verantwortung für die Qualität der Forschung bewusst. Deshalb haben sie Maßnahmen zur Qualitätssicherung implementiert, die wichtiger Bestandteil der Ausbildung sind und durch die disziplinenübergreifende wie fachspezifische Standards sichergestellt werden. Hierzu gehört auch die Beförderung einer offenen Fehlerkultur.
  7. Wissenschaftler*innen arbeiten unter attraktiven Bedingungen. Das bedeutet vor allem planbare Karriereperspektiven, adäquate Entlohnung und Ausstattung, Chancengleichheit sowie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Für einen gelungenen erneuten Ein- oder Ausstieg erhalten sie Unterstützung. Wissenschaftler*innen in frühen Karrierephasen wird Zugriff auf Forschungsinfrastrukturen gewährt. Bei zeitlich befristeten Stellen, die der Qualifikation dienen, wird sichergestellt, dass Arbeitsverhältnisse so gestaltet werden, dass mindestens das Qualifikationsziel erreicht werden kann.
  8. Die Karriereentwicklung von Wissenschaftler*innen wird durch passende Maßnahmen unterstützt: Wissenschaftler*innen werden frühzeitig in die wissenschaftliche Community eingebunden und erhalten Unterstützung für den gezielten Aufbau von Netzwerken, zum Beispiel durch die Teilnahme an Konferenzen oder Auslandsaufenthalten. Zudem erhalten sie die Möglichkeit, Lehrerfahrung zu sammeln, was für eine Hochschullaufbahn unabdingbar ist, aber auch für andere Karrierewege von Vorteil.
  9. Hochschulen und Forschungseinrichtungen haben Personalentwicklungskonzepte und bieten für unterschiedliche Karrierewege passende Unterstützung und Begleitung an. Der Erwerb von fachlichen und überfachlichen Kompetenzen wird durch entsprechende Angebote ermöglicht, unabhängig davon, ob eine Karriere im akademischen Sektor oder außerhalb davon angestrebt wird. Karrierewege, die aus der Wissenschaft herausführen, sind ebenso anerkennenswert, und auch außerhalb des akademischen Sektors, wo der überwiegende Teil der Promovierten die Karriere fortsetzt, ist eine wissenschaftliche Qualifizierung wertvoll.
  10. Vielfalt, Flexibilität und Durchlässigkeit sind gegeben. Entsprechend sind verschiedene Karriereverläufe mit gleichen Chancen möglich und genießen dieselbe Anerkennung. Universitäten erleichtern Übergänge zwischen Karrierestufen und bieten in kritischen Übergangsphasen Unterstützung an. Überdies helfen sie auch beim Wechsel zwischen Sektoren, denn Austausch und Praxiserfahrung sind bereichernd. Der Wechsel zwischen Arbeitgebern, verschiedene Formen von Mobilität und familiär bedingte Auszeiten werden angemessen berücksichtigt, um den Karriereverlauf möglichst nicht zu behindern. Internationalität wird gefördert.

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