Themen vom multiplen Wettbewerb im Hochschulsystem bis zu geschlechtsspezifischen Unterschieden in Immunantworten / Insgesamt rund 25 Millionen Euro für erste Förderperiode
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) richtet sieben neue Forschungsgruppen ein. Dies beschloss der Hauptausschuss der DFG auf Empfehlung des Senats. Die Gremiensitzungen der DFG fanden aufgrund der Coronavirus-Pandemie in virtueller Form statt. Die neuen Forschungsgruppen erhalten insgesamt rund 25 Millionen Euro inklusive einer 22-prozentigen Programmpauschale für indirekte Kosten aus den Projekten.
Die Förderdauer der Verbünde richtet sich nach dem Zeitpunkt, zu dem die erste Skizze für einen Förderantrag eingereicht wurde. Forschungsgruppen, deren Antragsskizzen seit 1. Oktober 2018 eingereicht wurden, werden maximal zweimal vier Jahre gefördert; dies gilt für fünf der jetzt neu eingerichteten Forschungsgruppen. Die zwei anderen Verbünde basieren auf Antragsskizzen, die vor dem 1. Oktober 2018 eingegangen sind; sie werden mit einer Laufzeit von zweimal drei Jahren gefördert.
Zusätzlich zu den sieben Einrichtungen wurde die Verlängerung von fünf Forschungsgruppen für eine zweite Förderperiode beschlossen. Forschungsgruppen ermöglichen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, sich aktuellen und drängenden Fragen ihrer Fachgebiete zu widmen und innovative Arbeitsrichtungen zu etablieren. Im Ganzen fördert die DFG zurzeit 162 Forschungsgruppen, 13 Klinische Forschungsgruppen und 16 Kolleg-Forschungsgruppen. Klinische Forschungsgruppen sind zusätzlich durch die enge Verknüpfung von wissenschaftlicher und klinischer Arbeit charakterisiert, während Kolleg-Forschungsgruppen speziell auf geistes- und sozialwissenschaftliche Arbeitsformen zugeschnitten sind.
Die sieben neuen Verbünde im Einzelnen
(in alphabetischer Reihenfolge der Hochschulen der Sprecherinnen und Sprecher)
Damit Zahnersatz aus künstliche Materialien, wie Füllungen oder Kronen, auch unter täglicher Belastung langfristig stabil verankert bleibt, muss er in engem Kontakt zum verbleibenden gesunden Zahngewebe stehen. Die medizinisch-materialwissenschaftliche Forschungsgruppe „The Materials Science of Teeth in Function: Principles of Durable, Dynamic Dental Interphases” erforscht deshalb systematisch die Grenzflächen zwischen Zahnersatzmaterial und dem Zahngewebe. Damit will sie den Weg zu noch widerstandsfähigerem Zahnersatz ebnen. (Sprecher: Dr. Paul Zaslansky, Charité – FU Berlin und HU Berlin)
Während der Coronavirus-Pandemie, aber auch angesichts des demografischen Wandels stellen sich vielfältige Fragen zur Lebensqualität: Was macht ein gutes Leben aus? Welche Maßstäbe sollen zur Sicherung oder Herstellung eines guten Lebens gelten? Welchen Einfluss haben neue medizinische Möglichkeiten auf die Zeitlichkeit und Planung unseres Lebens? Wie sind diese Möglichkeiten ethisch zu bewerten? Diesen und weiteren Fragen geht die Forschungsgruppe „Medizin und die Zeitstruktur guten Lebens“ nach. Die Forscherinnen und Forscher aus Philosophie, Medizin, Medizinethik sowie aus Sozial- und Kulturwissenschaften wollen ein ethisch reflektiertes Verständnis von den zeitlichen Bedingungen guten Lebens entwickeln. (Sprecherin: Professorin Dr. Claudia Wiesemann, Universität Göttingen)
Es ist bekannt, dass bei Frauen und Männern die Immunantwort gegen Krankheitserreger und der Verlauf von Infektions-, Autoimmun- und Tumorerkrankungen unterschiedlich ist. Die zugrunde liegenden biologischen Mechanismen sind jedoch bisher nicht systematisch untersucht. Die Forschungsgruppe „Geschlechtsspezifische Unterschiede in Immunantworten“ will die Mechanismen identifizieren, über die Geschlechtshormone und Gene des X-Chromosoms Geschlechtsunterschiede in der Immunantwort beeinflussen. (Sprecher: Professor Dr. Marcus Altfeld, Universität Hamburg)
Sogenannte Cytochalasane sind Naturstoffe, die von Pilzen produziert werden und unterschiedliche Wirkungen auf der zellulären Ebene anderer Organismen hervorrufen. Hunderte unterschiedlicher Cytochalasane sind bekannt, jedoch fehlen bislang systematische Untersuchungen über ihre jeweilige Wirkungsweise. Mithilfe von synthetischer Chemie und synthetischer Biologie will die Forschungsgruppe „CytoLabs – Systematische Untersuchung und Ausbeutung von Cytochalasanen“ bekannte und neue Cytochalasane herstellen. Zudem sollen chemische Modifikationen eingebaut werden, um aus den Naturstoffen molekulare Werkzeuge zu erzeugen. Diese sollen in einer Substanzbibliothek zusammengeführt werden. (Sprecher: Professor Dr. Russell J. Cox, Universität Hannover)
Im Wissenschaftssystem sind die Akteure in vielfältige und miteinander verbundene Wettbewerbe eingebunden. So entsteht ein komplexes Geflecht an Anforderungen, denen sich die verschiedenen Akteure ausgesetzt sehen. Diesen mannigfachen Wettbewerb will die Forschungsgruppe „Multipler Wettbewerb im Hochschulsystem: Akteurskonstitution, Handlungskoordination und Folgewirkungen“ mittels soziologischer und wirtschaftswissenschaftlicher Zugänge untersuchen. Es soll etwa geklärt werden, welche Dynamiken der Wettbewerb auf den verschiedenen Ebenen des Hochschulsystems entfaltet und welche Folgewirkungen er hat. (Sprecher: Professor Dr. Georg Krücken, Universität Kassel)
Ziel der Forschungsgruppe „Energielandschaften und Struktur in ionenleitenden Feststoffen (ELSICS)“ ist es, die Energieverteilungen von Ionenplätzen in Festkörpern im Hinblick auf deren Transporteigenschaften aufzuklären. Die zugrunde liegenden Fragestellungen, nämlich die Verknüpfung zwischen der Energielandschaft von Festkörpermaterialien, deren Struktur auf atomarer Skala sowie der Dynamik des Ionentransports, sind in der Chemie und Physik von großer Bedeutung. Der Verbund richtet den Fokus seiner Arbeit auf zwei Materialklassen: alkaliionen-basierte Materialien, die beispielsweise für die Energiespeicherung wichtig sind, sowie perowskitische Materialien, die unter anderem für Brennstoffzellen verwendet werden. (Sprecher: Professor Dr. Karl-Michael Weitzel, Universität Marburg)
An vielen Küsten der Erde strömt unterirdisch Grundwasser ins Meer, wobei sich Süßwasser und zirkulierendes Meerwasser mischen. Durch biogeochemische Reaktionen finden an diesen Stellen – insbesondere bei Stränden mit hoher Gezeiten-, Wind- und Wellendynamik – komplexe Prozesse der Umwandlung und Bindung von organischen Substanzen und Metallen durch die dort lebenden Mikroorganismen statt. Bislang ist unklar, wie diese Prozesse ablaufen und welche Rolle sie als Bioreaktor für globale Stoffkreisläufe spielen. Die Forschungsgruppe „Dynamik des tiefen Untergrundes von Hochenergiestränden (DynaDeep)“ will die biogeochemischen Vorgänge analysieren und ihre Wirkung auf die Küstenökosysteme und auf die Stoffkreisläufe abschätzen. Dies soll durch die Errichtung eines Feldlaboratoriums zunächst modellhaft auf der Insel Spiekeroog geschehen. (Sprecherin: Professorin Dr. Gudrun Massmann, Universität Oldenburg)
Die fünf für eine zweite Förderperiode verlängerten Verbünde
(in alphabetischer Reihenfolge der Hochschulen der Sprecherinnen und Sprecher und mit Verweisen auf die Projektbeschreibungen in der DFG-Internetdatenbank GEPRIS zur laufenden Förderung):
Medienkontakt:
Ausführliche Informationen erteilen auch die Sprecherinnen und Sprecher der Verbünde.
Ansprechpartnerin in der DFG-Geschäftsstelle:
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