Pressemitteilung Nr. 19 | 28. Juni 2022

DFG fördert sieben neue Forschungsgruppen und zwei neue Kolleg-Forschungsgruppen

Themen von Waldbiodiversität über Digitalisierung von Städten bis hin zu nachhaltigem Lernen / Insgesamt rund 38,4 Millionen Euro für erste Förderperiode

Themen von Waldbiodiversität über Digitalisierung von Städten bis hin zu nachhaltigem Lernen / Insgesamt rund 38,4 Millionen Euro für erste Förderperiode

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) richtet sieben neue Forschungsgruppen und zwei neue Kolleg-Forschungsgruppen ein. Dies beschloss der Hauptausschuss der DFG während der DFG-Jahresversammlung am 28. Juni 2022 in Freiburg im Breisgau auf Empfehlung des Senats. Die neuen Forschungsgruppen erhalten insgesamt rund 38,4 Millionen Euro inklusive einer 22-prozentigen Programmpauschale für indirekte Kosten aus den Projekten. Die neuen Verbünde werden maximal zweimal vier Jahre gefördert.

Zusätzlich zu den neun Neueinrichtungen wurde die Verlängerung von sechs Forschungsgruppen sowie einer Kolleg-Forschungsgruppe für eine zweite Förderperiode beschlossen. Die verlängerten Forschungsgruppen werden mit einer Laufzeit von drei Jahren gefördert, die Kolleg-Forschungsgruppe vier Jahre. Zwei der neu eingerichteten sowie eine verlängerte Forschungsgruppe werden im Rahmen der D-A-CH-Zusammenarbeit mit dem österreichischen Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) gemeinsam finanziert.

Forschungsgruppen ermöglichen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, sich aktuellen und drängenden Fragen ihrer Fachgebiete zu widmen und innovative Arbeitsrichtungen zu etablieren. Im Ganzen fördert die DFG damit zurzeit 174 Forschungsgruppen, 14 Klinische Forschungsgruppen und 16 Kolleg-Forschungsgruppen. Klinische Forschungsgruppen sind zusätzlich durch die enge Verknüpfung von wissenschaftlicher und klinischer Arbeit charakterisiert, während Kolleg-Forschungsgruppen speziell auf geistes- und sozialwissenschaftliche Arbeitsformen zugeschnitten sind.

Die neuen Verbünde im Einzelnen
(in alphabetischer Reihenfolge der Hochschulen der Sprecherinnen und Sprecher):

Um Stahl und Leichtmetalle zu zerschneiden, gibt es neben konventionellen Verfahren auch das sogenannte Hochgeschwindigkeitsscherschneiden (HGSS), das aus ökonomischer und ökologischer Perspektive eine interessante Alternative darstellt. Bislang fehlt jedoch ein grundlegendes Verständnis jener Mechanismen, die für die gezielte Nutzung der außergewöhnlichen Schnittflächeneigenschaften nötig sind. Die Forschungsgruppe „Funktionsflächen durch adiabatische Hochgeschwindigkeitsprozesse: Mikrostruktur, Mechanismen und Modellentwicklung – FUNDAM⊃3;ENT“ widmet sich diesen werkstoff- und prozessseitigen Einflussfaktoren. (Sprecher: Professor Dr.-Ing. Thomas Lampke, TU Chemnitz)

Der Zusammenhang zwischen Baumdiversität und Ökosystemfunktionsbeziehungen in komplexen Nahrungsnetzen ist Thema der Forschungsgruppe „Multi-trophische Interaktionen in einem Waldbiodiversitätsexperiment in China“, in der ein durch den österreichischen FWF gefördertes Projekt integriert ist. Das durch die DFG im subtropischen China vor 14 Jahren initiierte weltweit größte Waldbiodiversitätsexperiment (Forschungsplattform BEF-China), bietet einzigartige Voraussetzungen, nun zentrale ökologische Mechanismen in komplexen Interaktionen wie „funktionelle Redundanz“ und „Komplementarität“ zu untersuchen. (Sprecherin: Professorin Dr. Alexandra-Maria Klein, Universität Freiburg)

Egal, ob bei Schmerzen oder Depressionen: Die transkranielle Gleichstromstimulation erlaubt es, weitgehend nebenwirkungsfrei menschliche Hirnfunktionen zu beeinflussen. Sie wurde bereits erfolgreich in experimenteller und klinischer Forschung angewandt. Allerdings schwankt der Erfolg in den untersuchten Gruppen beträchtlich. Das Ziel der Forschungsgruppe „Modulation neuronaler Netzwerke für Lernen und Gedächtnis durch transkranielle Gleichstromstimulation: Systematische Untersuchung über die menschliche Lebensspanne“ ist es, dieses Phänomen erstmals systematisch, umfassend und koordiniert zu analysieren. (Sprecherin: Professorin Dr. Agnes Flöel, Universität Greifswald)

Die Ausgangshypothese der Kolleg-Forschungsgruppe „Universalismus und Partikularismus in der europäischen Zeitgeschichte“ ist, dass sich Europa seit 1989 in einem komplexen Spannungsfeld zwischen allgemeingültigen und gruppenspezifischen Ansprüchen befindet. Am Beispiel von religiösen und wirtschaftlichen Ordnungen und dem Bereich der Menschenrechte soll geschaut werden, wie sich partikularistische und universalistische Denkvorstellungen überlagern. Dadurch soll die Zeitgeschichtsschreibung verdichtet, differenziert und erweitert werden, um so zum besseren Verständnis gegenwärtiger Herausforderungen beizutragen. (Sprecher: Professor Dr. Martin Schulze Wessel, LMU München)

Die Forschungsgruppe „Die digitale Mittelstadt der Zukunft“ untersucht, wie Mittelstädte den Herausforderungen der Digitalisierung begegnen, und entwickelt digitale Instrumente zur Stärkung ihrer Lebensqualität. Dabei nimmt sie mit den Aspekten „Zivilgesellschaft und soziale Leistungen“, „Verwaltung und Politik“, „Wirtschaft und Energie“ sowie „Bildung und Kultur“ vier zentrale Strukturbereiche in den Fokus. Im Zentrum stehen Mittelstädte vor allem außerhalb von Metropolenregionen, die spezielle Spezifika aufweisen und im ländlichen Raum für ihre in der Regel 20 000 bis 100 000 Bewohnerinnen und Bewohner häufig starken Identifikationscharakter besitzen. (Sprecher: Professor Dr. Dr. Jörg Becker, Universität Münster)

Kulturelle Teilhabe ist ein Menschenrecht, der Zugang zu kulturellen Gütern wie Kunst dazu Voraussetzung. Die Digitalisierung eröffnet hier neue Möglichkeiten. Die Kolleg-Forschungsgruppe „Zugang zu kulturellen Gütern im digitalen Wandel: Kunstwissenschaftliche, kuratorische und ethische Aspekte“ nimmt sowohl die Chancen und Perspektiven als auch die Problemkonstellationen und Konflikte, die sich daraus ergeben, in den Blick – und darüber hinaus die Bedeutung des Zugangs zu digitalen Technologien für die Kunstproduktion und -rezeption. (Sprecher: Professor Dr. Reinold Schmücker, Universität Münster)

Der „marine Oberflächenfilm“ (SML) ist die mit organischem Material und mikrobiellen Zellen angereicherte Grenzschicht zwischen der Atmosphäre und dem Ozean; der gesamte Material- und Energieaustausch zwischen Wasser und Luft findet durch ihn statt. Unser Wissen über die auf diese Austauschprozesse wirkenden dynamischen Effekte ist immer noch begrenzt. Die gemeinsam mit dem österreichischen FWF geförderte Forschungsgruppe „Biogeochemische Prozesse und Ozean/Atmosphäre-Austauschprozesse in marinen Oberflächenfilmen (BASS)“ will die Bedeutung des SML als bio- und fotochemischen Reaktor erforschen und unter anderem aufzeigen, wie er die Wechselwirkungen zwischen Ozean und Atmosphäre beeinflusst. (Sprecher: Professor Dr. Oliver Wurl, Universität Oldenburg)

Hunger und Fortpflanzung gehören zu den wichtigsten Einflussfaktoren für das Verhalten von Tieren. Von Würmern über Insekten bis hin zu Säugetieren verlassen sich die meisten Arten stark auf den Geruchssinn, wenn es darum geht, Nahrung aufzunehmen und Fortpflanzungspartner zu finden. Umgekehrt modulieren Stoffwechsel und Fortpflanzung die Geruchswahrnehmung. Die Forschungsgruppe „Modulation der Olfaktion: Wie rekurrente Schaltkreise zustandsabhängiges Verhalten bestimmen“ setzt hier an. Ihr Schwerpunkt liegt auf der Untersuchung vielfältiger und bislang weitgehend unverstandener Mechanismen der Rückkopplung in vernetzten Schaltkreisen des Nervensystems, welche die Geruchswahrnehmung und -verarbeitung in Abhängigkeit von verhaltensrelevanten Zuständen steuern. (Sprecherin: Professorin Dr. Veronica Egger, Universität Regensburg)

Bildungsinstitutionen wie Schulen sollen den Lernenden Wissen vermitteln, das langfristig erhalten bleibt und bei Bedarf flexibel abrufbar ist. Die empirische Forschung in der Psychologie, der Erziehungswissenschaft und den Fachdidaktiken hat bislang jedoch fast ausschließlich Lernergebnisse über relativ kurze Zeiträume untersucht. Übergeordnetes Ziel der Forschungsgruppe „Nachhaltiges Lernen: Kognitive Mechanismen und effektive Umsetzung im Unterricht“ ist es deshalb, diese Wissenslücke zu schließen und einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung einer Theorie des nachhaltigen Lernens in Bildungskontexten zu leisten. (Sprecher: Professor Dr. Tobias Richter, Universität Würzburg)

Die für eine zweite Förderperiode verlängerten Verbünde
(in alphabetischer Reihenfolge der Hochschulen der Sprecherinnen und Sprecher und mit Verweisen auf die Projektbeschreibungen in der DFG-Internetdatenbank GEPRIS zur laufenden Förderung):

Weiterführende Informationen

Medienkontakt:

  • Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der DFG
    Tel. +49 228 885-2109

Ausführliche Informationen erteilen auch die Sprecherinnen und Sprecher der Verbünde.

Ansprechpartner in der DFG-Geschäftsstelle:

  • Volker Kreutzer
    Gruppenleitung Qualitäts- und Verfahrensmanagement
    Tel. +49 228 885-2227

Zu den Forschungsgruppen der DFG:

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