Themen von der Entstehungsgeschichte des Universums über die Qualität in der Gesundheitsforschung bis zur Erforschung von Nukleinsäuren / Rund 76 Millionen Euro für erste Förderperiode
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) richtet zur weiteren Stärkung der frühen wissenschaftlichen Karrierestufen elf neue Graduiertenkollegs (GRK) ein. Dies beschloss der zuständige Bewilligungsausschuss in Bonn. Die neuen GRK werden ab Herbst 2023 zunächst fünf Jahre mit insgesamt rund 76 Millionen Euro gefördert. Darin enthalten ist eine 22-prozentige Programmpauschale für indirekte Kosten aus den Projekten. Unter den neuen Verbünden ist ein Internationales Graduiertenkolleg (IGK) mit Partnern in Rumänien.
Zusätzlich zu den elf Einrichtungen stimmte der Bewilligungsausschuss für die Verlängerung von neun Graduiertenkollegs für jeweils eine weitere Förderperiode. Graduiertenkollegs bieten Doktorandinnen und Doktoranden die Möglichkeit, in einem strukturierten Forschungs- und Qualifizierungsprogramm auf hohem fachlichen Niveau zu promovieren. Aktuell fördert die DFG insgesamt 220 GRK, darunter 31 IGK.
Die elf neuen Graduiertenkollegs im Einzelnen
(in alphabetischer Reihenfolge ihrer Sprecherhochschulen, unter Nennung der Sprecherinnen oder Sprecher sowie der weiteren antragstellenden Hochschulen und der Kooperationspartner):
Das Graduiertenkolleg „Der Umgang mit Unsicherheit in dynamischen Wirtschaftssystemen“ will zwei zentrale Merkmale aktueller und zukünftiger Volkswirtschaften zusammenführen: Unsicherheit und Dynamik. Denn die Megatrends unserer Welt wie Klimawandel, Energiekrise, Migration, Pandemien und technologische Entwicklung erschweren verlässliche Schätzungen von Wahrscheinlichkeiten erheblich. Mit der expliziten Betrachtung dieser Unsicherheiten – in Abgrenzung vom statistischen Risiko – will der Verbund die Wirtschaftswissenschaften, die hier an der Grenze zur Mathematik arbeiten, voranbringen. (Universität Bielefeld, Sprecher: Professor Dr. Frank Riedel)
Unter dem Titel „Nukleare Photonik“ will das Internationale Graduiertenkolleg untersuchen, wie Laserstrahlen mit Materie interagieren. Die Forscherinnen und Forscher aus Darmstadt und Bukarest erhoffen sich dabei Einblicke in den Aufbau von Atomkernen, in deren Anregungen und Zerfallsprozesse und wollen grundlegende Fragen zur Entstehung der Elemente in astrophysikalischen Objekten bis hin zur Entstehungsgeschichte des Universums beantworten. Überdies könnten die im Verlauf der Arbeiten entwickelten Technologien beispielsweise in der lasergetriebenen Kernfusion Anwendung finden. (TU Darmstadt, Sprecher: Professor Dr. Norbert Andreas Pietralla; Kooperationspartner: Universitatea POLITEHNICA din București, Rumänien)
Mechanische Metamaterialien verfügen über innere geometrische Strukturen, die zu einzigartigen Eigenschaften führen, die sich deutlich vom zugehörigen Grundwerkstoff unterscheiden. Das Graduiertenkolleg „D⊃3; – Datengetriebenes Design widerstandsfähiger Metamaterialien“ will mittels eines neuartigen datengetriebenen und mehrskaligen Designansatzes dazu beitragen, das Potenzial dieser Werkstoffklasse stärker auszuschöpfen und sowohl nachhaltige als auch hochbelastbare Materialien zu konstruieren. Dazu soll zunächst das Versagensverhalten der Materialien analysiert und die Grundmaterialien durch zusätzliche Funktionalisierung hinsichtlich der Nachhaltigkeit optimiert werden. Mithilfe additiver Fertigungstechnologien sollen dann die Materialstrukturen erzeugt werden. (TU Dresden, Sprecher: Professor Dr.-Ing. Markus Kästner)
Im Bereich der Gesundheitsökonomie forscht das Graduiertenkolleg „Management und Ökonomik von Qualität in der Gesundheitsversorgung“. Es will den Einfluss der Interaktion von Stakeholdern im Gesundheitswesen auf die Qualität der Versorgung systematisch analysieren. Dabei sollen die Ebenen derer, die einzahlen, die die Leistungen erbringen sowie die Ebene der Patientinnen und Patienten näher beleuchtet werden, beispielsweise im Kontext der Kooperation von Leistungsanbietern oder in Reaktion auf staatliche Regulierung. Zudem soll geklärt werden, wie Qualität in der Gesundheitsforschung definiert, gemessen und gemanagt werden kann. (Universität Hamburg, Sprecher: Professor Dr. Tom Stargardt)
Die Eigenschaften von Materialien mit gemischtem Ionen-Elektronentransport werden maßgeblich durch den gleichzeitigen Transport und die Wechselwirkung von Ionen und elektrischen Ladungsträgern bestimmt. Sie wurden kürzlich „wiederentdeckt“, optimiert und in verschiedenen Bereichen wie der Bioelektronik, der Optoelektronik oder der Energiespeicherung eingesetzt. Hier setzt das Graduiertenkolleg „Gemischter Ionen-Elektronentransport: Von den Grundlagen zur Anwendung“ an und will die grundlegenden Prozesse des gemischten Ionen-Elektronentransports in verschiedenen organischen, hybriden und Nanomaterialien untersuchen. (Universität Heidelberg, Sprecherin: Professorin Dr. Jana Zaumseil; ebenfalls antragstellend: Universität Stuttgart)
Nicht erst die Coronavirus-Pandemie hat gezeigt, welche Auswirkungen schwere Erkrankungen, die durch virale Erreger verursacht werden, für den einzelnen Menschen und die Gesellschaft haben können. Das Graduiertenkolleg „VISualisierung und Struktur in der viralen InfektION (VISION)“ will daher erforschen, wie virale Proteine und Proteinkomplexe ihre Funktionen innerhalb der Wirtszelle ausüben und nutzt dazu moderne Strukturanalyse-Technologien. So sollen neue Erkenntnisse über die Interaktion von Viren mit Wirtszellen, mit dem Immunsystem oder über die Wirkmechanismen antiviraler Verbindungen hervorgebracht werden. (Universität zu Lübeck, Sprecher: Professor Dr. Thomas Krey; ebenfalls antragstellend: Universität Hamburg)
Unter dem Titel „R-loop Regelung in Robustheit und Widerstandsfähigkeit“ will das Graduiertenkolleg dreisträngige Nukleinsäurestrukturen erforschen, die aus einem RNA-DNA-Hybrid und einem verschobenen DNA-Strang bestehen: sogenannte R-Loops. Sie galten zunächst als unbedeutende Nebenprodukte bei der Entstehung von DNA. Jüngste Forschungserkenntnisse zeigen jedoch, dass sie dynamisch reguliert werden und wichtige physiologische Funktionen erfüllen, darunter die DNA-Reparatur. Das Kolleg will daher die Funktionalität und Regulierung von R-Loops im Hinblick auf zahlreiche molekulare Prozesse erforschen. (Universität Mainz, Sprecher: Professor Dr. Brian Luke)
Nukleotide sind die chemischen Bausteine, aus denen Nukleinsäuren wie DNA und RNA aufgebaut sind. Sie sind daher so etwas wie die Buchstaben im „Buch des Lebens“. Wie diese chemisch verändert und verstoffwechselt werden und welche biologischen Funktionen diese modifizierten Nukleotide haben, ist jedoch noch wenig verstanden und soll im Rahmen des Graduiertenkollegs „Nukleotid Metabolismus in Mikroben“ beispielhaft in Mikroben untersucht werden. Das Kolleg analysiert die Nukleotide in verschiedenen Spezies von Mikroben, um sowohl für viele Spezies gültige Prinzipien als auch speziesspezifische Anpassungen in nukleotidbezogenen Stoffwechselwegen aufzudecken. (Universität Marburg, Sprecher: Professor Dr. Peter Graumann)
Die „Inszenierung religiöser Atmosphäre in antiken Kulturen“ untersucht das gleichnamige Graduiertenkolleg. Wie wird „Göttlichkeit“ erfahrbar gemacht? Wie werden Autorität und Glaubwürdigkeit erzeugt? Wie wird die Identität innerhalb einer religiösen Gruppe gestärkt? Und wie werden Hierarchien und Machtstrukturen vermittelt? Auf diese Fragen will das Kolleg Antworten finden und vereint dazu kultur-, sprach-, literatur-, natur- und religionswissenschaftliche, theologische, historische, rechtshistorische und archäologische Untersuchungen. (Universität Marburg, Sprecher: Professor Dr. Nils Heeßel)
Für biochemische und biophysikalische Untersuchungen lassen sich nanobasierte Materialien einsetzen. Deren Eigenschaften erlauben aufgrund gezielter Synthese und Oberflächenfunktionalisierung eine detailtiefe Untersuchung biologischer Systeme auf molekularer Ebene vor allem mit optischen, elektrischen und strukturbiologischen Ansätzen. Das Graduiertenkolleg „Nanomaterials@Biomembranes: Rational konzipierte Oberflächenarchitekturen für die Untersuchung und Manipulation von Biomolekülen im Nanomaßstab an Membranen“ will nun mit Biomembranen verknüpfte Nanomaterialien herstellen und so neuartige Analysemethoden für die Untersuchung von Membranen und Membranproteinen ermöglichen. (Universität Osnabrück, Sprecher: Professor Dr. Jacob Piehler)
In den vergangenen Jahren haben tiefe neuronale Modelle die Informatik revolutioniert und neue Maßstäbe dafür gesetzt, was in der Künstlichen Intelligenz möglich ist. Sie stehen im Kontrast zu expliziten Modellen, die menschliche Expertinnen und Experten verstehen und spezifizieren können. Das Ziel von neuroexpliziten Modellen, einer Kombination aus neuronalen und expliziten Komponenten, ist es, die Vorteile beider Modellklassen auszunutzen. Das Graduiertenkolleg „Neuroexplizite Modelle für Sprachverarbeitung, Bilderkennung und Aktionsentscheidungen“ will nun die Grundprinzipien des Designs von effektiven neuroexpliziten Modellen herausarbeiten und dadurch die schnelle Entwicklung effizienter und akkurater neuroexpliziter Modelle ermöglichen. (Universität des Saarlandes, Sprecher: Professor Dr. Alexander Koller)
Die neun für eine weitere Förderperiode verlängerten GRK
(in alphabetischer Reihenfolge ihrer Sprecherhochschulen, unter Nennung der Sprecherinnen oder Sprecher sowie der weiteren antragstellenden Hochschulen und der Kooperationspartner, mit Verweisen auf die Projektbeschreibungen in der DFG-Internetdatenbank GEPRIS zur laufenden Förderung):
Medienkontakt:
Weitere Informationen erteilen auch die Sprecherinnen und Sprecher der Graduiertenkollegs.
Fachlicher Ansprechpartner in der DFG-Geschäftsstelle:
Ausführliche Informationen zum Förderprogramm und zu den geförderten Graduiertenkollegs finden sich unter: