Pressemitteilung Nr. 21 | 27. Juni 2023

DFG fördert sieben neue Forschungsgruppen, eine Klinische Forschungsgruppe und eine Kolleg-Forschungsgruppe

Themen reichen vom Einfluss der Städte auf die lokale Umwelt bis hin zur Nutzung digitaler Medien bei chronischen Erkrankungen / Insgesamt rund 40 Millionen Euro für erste Förderperiode

Themen reichen vom Einfluss der Städte auf die lokale Umwelt bis hin zur Nutzung digitaler Medien bei chronischen Erkrankungen / Insgesamt rund 40 Millionen Euro für erste Förderperiode

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) richtet sieben neue Forschungsgruppen, eine neue Klinische Forschungsgruppe und eine neue Kolleg-Forschungsgruppe ein. Dies beschloss der Hauptausschuss der DFG auf Empfehlung des Senats. Die neuen Forschungsgruppen erhalten insgesamt rund 40 Millionen Euro inklusive einer 22-prozentigen Programmpauschale für indirekte Kosten aus den Projekten. Zusätzlich zu den neun Neueinrichtungen wurde die Verlängerung von fünf Forschungsgruppen für eine zweite Förderperiode beschlossen. Eine der neu eingerichteten Forschungsgruppen und eine um eine weitere Förderperiode verlängerte Forschungsgruppe werden im Rahmen der D-A-CH-Zusammenarbeit mit dem österreichischen Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) beziehungsweise dem Schweizerischen Nationalfonds (SNF) gefördert.

Forschungsgruppen ermöglichen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, sich aktuellen und drängenden Fragen ihrer Fachgebiete zu widmen und innovative Arbeitsrichtungen zu etablieren. Sie werden bis zu acht Jahre lang gefördert. Im Ganzen fördert die DFG zurzeit 185 Forschungsgruppen, 13 Klinische Forschungsgruppen und 18 Kolleg-Forschungsgruppen. Klinische Forschungsgruppen sind zusätzlich durch die enge Verknüpfung von wissenschaftlicher und klinischer Arbeit charakterisiert, während Kolleg-Forschungsgruppen speziell auf geistes- und sozialwissenschaftliche Arbeitsformen zugeschnitten sind.

Die neuen Verbünde im Einzelnen
(in alphabetischer Reihenfolge der Hochschulen der Sprecherinnen und Sprecher):

Die Erkenntnis, dass körpereigene Antikörper bei Erkrankungen des Gehirns wie Enzephalitis, Demenz, Epilepsie oder Psychosen krankheitsverursachend sein können, hat die Neurologie grundlegend verändert. Die Klinische Forschungsgruppe „BECAUSE-Y Berliner Zentrum für Diagnose, Verständnis und Behandlung von Antikörper(Y)-vermittelten neurologischen Erkrankungen“ will auf diesem Feld neue diagnostische Tests und bildgebende Methoden entwickeln, auslösende und modifizierende Krankheitsmechanismen entschlüsseln sowie Immuntherapien initiieren. (Sprecher: Professor Dr. Matthias Endres, Charité – FU und HU Berlin, Leiter: Professor Dr. Harald Prüß, Charité – FU und HU Berlin und DZNE Berlin)

In der heutigen Mongolei finden sich die Überreste zweier Städte, die unter den Erben Dschingis Khans von Grund auf neu errichtet wurden und den dramatischen Wandel von einer Naturweidewirtschaft hin zu einer Stadtlandschaft verkörpern: Karakorum – die Hauptstadt des Mongolenreichs – und Khar Khul Khaany Balgas. Die beiden Städte sind der Ausgangspunkt für die Forschungsgruppe „Der urbane Einfluss auf dem mongolischen Plateau: Verflechtungen von Stadtwesen, Wirtschaft und Umwelt“. Sie will die beiden Stadtanlagen selbst und ihren Einfluss auf die sie umgebenden Regionen in diachroner Perspektive erforschen. Der Fokus soll dabei auf dem urbanen „Stoffwechsel“ mit Themen wie Energieversorgung, Nahrungsmittelproduktion und Baumaterialien liegen. (Sprecher: Professor Dr. Jan Bemmann, Universität Bonn)

Die Magnetresonanztomografie (MRT) mit ultra-hohen Feldstärken (UHF) bietet einzigartige Möglichkeiten zur Charakterisierung von Gewebe. Auf diesem Gebiet vollzieht sich gerade eine rasante Entwicklung neuer, teils schnellerer Methoden zur Kontrasterzeugung für die Darstellung von Stoffwechselprozessen. Allerdings wird die UHF-MRT bisher vorrangig zur Detektion von anatomischen Veränderungen verwendet und auch noch wenig in der Klinik eingesetzt. Die Forschungsgruppe „Schnelle Kartierung von quantitativen MR bio-Signaturen bei ultra-hohen Magnetfeldstärken“ will die neuen MR-Gewebe-Kontraste optimieren und diese in einem beschleunigten, in der Klinik einsetzbaren Messprotokoll kombinieren. Langfristiges Ziel ist die Etablierung von MR-Biomarkern, um frühe Anzeichen von Neurodegeneration und Gewebe-degeneration bei chronischen Krankheiten aufzudecken. (Sprecher: Professor Dr. Armin Nagel, Universität Erlangen-Nürnberg)

Die Fähigkeit, die eigene Vorstellung immer wieder dynamisch an äußere Veränderungen anzupassen, ist für die mentale Gesundheit elementar. Gelingt dies nicht mehr richtig, kommt es zu einer verzerrten Vorstellung der Wirklichkeit und in der Folge zu psyschischen Erkrankungen. Die Forschungsgruppe „Kontexteinflüsse auf dynamische Lernprozesse in sich verändernden Umgebungen: Grundlegende Mechanismen und klinische Implikationen“ will systematisch versuchen, die zugrunde liegenden Mechanismen hinter der Unfähigkeit zu dynamischen Lernprozessen aufzudecken – nicht zuletzt auch, um die Entwicklung und Kontextabhängigkeit von psychischen Erkrankungen nachzuvollziehen. (Sprecherin: Professorin Dr. Tania Lincoln, Universität Hamburg)

Für die Herstellung von pharmazeutischen Wirkstoffen, Polymeren, Kosmetika oder Waschmittelzusätzen sind Feinchemikalien unverzichtbar. Die Forschungsgruppe „Mehrstufige katalytische Produktionssysteme für die Feinchemie durch integriertes Design von Molekülen, Materialien und Prozessen (IMPD4Cat)“ will die Grundlagen für effiziente und gleichzeitig nachhaltige Herstellungsprozesse nach den Grundsätzen der grünen Chemie, also nahezu abfallfrei, entwickeln. Ziel sind stabil laufende Produktionssysteme, bei denen alle Prozessstufen optimal aufeinander abgestimmt sind und in denen Entscheidungen über Katalysatoren, Lösungsmittel, Additive, Trennmaterialien, Apparatetypen und Betriebsbedingungen integriert werden können. (Sprecher: Professor Dr.-Ing. Kai Sundmacher, Universität Magdeburg)

In Industrieländern gehören chronische Erkrankungen zu den häufigsten (und kostenintensivsten) Gesundheitsproblemen. Eine zentrale Säule von Bewältigungsmaßnahmen ist das Selbstmanagement, das gut durch digitale Medien unterstützt werden könnte. Untersuchungen hierzu sind vielversprechend, bisher aber inkonsistent und methodisch begrenzt valide. Die Forschungsgruppe „Digitale Medien im Selbstmanagement chronischer Erkrankungen (DISELMA)“ sucht hier nach neuen Ansätzen und nimmt dabei auch negative Folgen wie Datenschutzprobleme, soziale Isolation oder Beeinträchtigung der Arzt-Patient-Beziehung in ihren interpersonalen, organisationalen und sozialen Kontexten in den Blick. (Sprecherin: Professorin Dr. Constanze Rossmann, LMU München)

Die Produktion von Antikörpern gegen Krankheitserreger durch die B-Lymphozyten, die sogenannte humorale Immunantwort, gehört zum Immunsystem aller höheren Lebewesen. B-Zellen sind hier zentrale Akteure: Nur sie sind in der Lage, Plasmazellen zu bilden, die Antikörper ausschütten. Sie können aber auch eine pathologische Rolle bei verschiedenen Autoimmun- und Krebserkrankungen spielen. Die Forschungsgruppe „Wechselwirkungen zwischen dem Stoffwechsel und der Signalübertragung in B-Zellen“ will herausfinden, wie metabolische Prozesse und die Reaktion auf äußere Reize in B-Zellen zusammenwirken. (Sprecherin: Professorin Dr. Julia Jellusova, TU München)

Die protonenmotorische Kraft, kurz PMF, ist das Herzstück des Energiestoffwechsels und treibt die meisten Zellfunktionen an; sie ist so universell wie der genetische Code. In Pflanzen hat sie eine zentrale Rolle für das Funktionieren der oxygenen Photosynthese. Obwohl die PMF bereits intensiv untersucht wurde, ist das Verständnis ihrer Regulation und Integration in die Physiologie von Pflanzen bemerkenswert lückenhaft. Die gemeinsam mit dem Schweizerischen Nationalfonds (SNF) geförderte Forschungsgruppe „Dynamische Regulation der protonenmotorischen Kraft in der Photosynthese“ will daher verstehen, wie der Aufbau und die Modulation der PMF reguliert wird, um die Photosynthese unter veränderlichen Bedingungen zu optimieren. (Sprecher: Professor Dr. Michael Hippler, Universität Münster)

Als „magisch“ bezeichnete Texte gibt es in den schriftlichen Überlieferungen aller antiken Kulturen Westasiens und des östlichen Mittelmeerraums. Sie bilden eine wichtige Quelle für die Religions- und Ideengeschichte des Altertums. Bisher geht die Forschung dabei aber kaum auf kulturübergreifende Entsprechungen und Beziehungen ein. Hier will die Kolleg-Forschungsgruppe „MagEIA: Magie zwischen Verflechtung, Interaktion und Analogie – Zentrum für die Erforschung von Traditionen magischer Texte Westasiens und des östlichen Mittelmeerraums im Altertum“ eine Brücke schlagen und die Zusammenarbeit zwischen Philologie, Religionswissenschaft und Kulturanthropologie befördern. (Sprecher: Professor Dr. Daniel Schwemer, Universität Würzburg)

Die für eine zweite Förderperiode verlängerten Verbünde
(in alphabetischer Reihenfolge der Hochschulen der Sprecherinnen und Sprecher und mit Verweisen auf die Projektbeschreibungen in der DFG-Internetdatenbank GEPRIS zur laufenden Förderung):

  • FOR „Algorithmen, Dynamik und Informationsfluss in Netzwerken“
    (Sprecher: Professor Dr. Martin Hoefer, Universität Frankfurt am Main) https://gepris.dfg.de/gepris/projekt/411362735
  • FOR „Instabilitäten, Bifurkationen und Migration in pulsierender Strömung“
    (Professor Dr. Christian Wagner, Universität des Saarlandes) https://gepris.dfg.de/gepris/projekt/349558021
    Die Forschungsgruppe wird im Rahmen der D-A-CH-Zusammenarbeit mit dem österreichischen Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) und dem Schweizerischen Nationalfonds (SNF) gefördert.
  • FOR „Erforschung instationärer Phänomene und Wechselwirkungen beim High-Speed Stall“ (Sprecher: Dr.-Ing. Thorsten Lutz, Universität Stuttgart)
    https://gepris.dfg.de/gepris/projekt/406435057
  • FOR „Modale und Amodale Kognition: Funktionen und Interaktionen“
    (Sprecherin: Professorin Dr. Barbara Kaup, Universität Tübingen)
    https://gepris.dfg.de/gepris/projekt/381713393
  • FOR „Die Wirkung von internationalen Steuerinstitutionen auf das Verhalten von multinationalen Unternehmen“
    (Sprecher: Professor Dr. Georg Wamser, Universität Tübingen)
    https://gepris.dfg.de/gepris/projekt/388587616

Weiterführende Informationen

Medienkontakt:

  • Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der DFG
    Tel. +49 228 885-2109

Ausführliche Informationen erteilen auch die Sprecherinnen und Sprecher der Verbünde.

Ansprechpartnerin in der DFG-Geschäftsstelle:

Zu den Forschungsgruppen der DFG:

Alle Pressemitteilungen zur Jahresversammlung 2023 finden sich fortlaufend ergänzt auch in einer digitalen Pressemappe unter