Der Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis 2019 geht an vier Wissenschaftlerinnen und sechs Wissenschaftler, die vom zuständigen Auswahlausschuss aus 122 Vorschlägen ausgewählt worden sind. Von den zehn Preisträger*innen kommen jeweils drei aus den Geistes- und Sozialwissenschaften und den Lebenswissenschaften sowie jeweils zwei aus den Naturwissenschaften und den Ingenieurwissenschaften. Die Ausgezeichneten erhalten je ein Preisgeld von 2,5 Millionen Euro.
Verliehen wurden die Leibniz-Preise 2019 am 13. März in Berlin.
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Sami Haddadin erhält den Leibniz-Preis 2019 für seine wegweisenden Forschungen auf den Gebieten der Robotik. Insbesondere wird er für seine Arbeiten an der Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine ausgezeichnet, in denen er die Grundlagen einer sicheren, intuitiven und zuverlässigen physikalischen Mensch-Roboter-Interaktion erforscht. Ausgehend vom menschlichen Bewegungsapparat konstruierte er eine Kombination aus nicht linearer weicher und reflexfähiger Drehmomentregelung und intrinsisch elastischer und aktiver mechanischer Leichtbauweise – so präparierte Roboter bewegen sich menschenähnlich und sind sicher im Umgang mit Menschen. Zudem arbeitete Haddadin mit Methoden der künstlichen Intelligenz und des maschinellen Lernens, um Roboter mit einer zuverlässigen kollisionsfreien Bahnplanung oder künstlichen Reflexsystemen auszustatten. Haddadin gelang es, viele seiner grundlegenden Forschungen in handhabbare Computerprogramme zu überführen, sodass sie heute in modernen Industrierobotern eingesetzt werden können. Insgesamt konnte Haddadin die Robotik in den vergangenen Jahren erheblich weiterentwickeln.
Sami Haddadin wurde 2011 an der RWTH Aachen mit einer Arbeit zu humanoiden Robotern promoviert. Bereits 2014 berief ihn die Universität Hannover mit erst 34 Jahren auf einen Lehrstuhl für Regelungstechnik. Im April 2018 folgte er einem Ruf an die TU München, wo er zurzeit das neue integrative Forschungszentrum „Munich School of Robotics and Machine Intelligence“ aufbaut. Für seine Arbeiten erhielt er zahlreiche Preise, allen voran den vom Bundespräsidenten verliehenen Deutschen Zukunftspreis 2017.
Der Leibniz-Preis für Rupert Huber würdigt dessen herausragende experimentelle Arbeiten in der Terahertz- und Festkörperphysik im Grenzbereich zwischen Optik und Elektronik. Bekannt wurde Huber mit seinen Forschungen zur Lichtwellenelektronik, deren innovative Kernidee darin besteht, atomar starke Lichtfelder als Wechselspannung in Festkörpern zu verwenden, um so vollkommen neuartige Quantenphänomene auf kürzesten Zeitskalen zu betrachten. Diese grundlegende Forschung könnte in Zukunft etwa in superschnellen atomar auflösenden Mikroskopen oder in der Quanteninformationsverarbeitung verwendet werden. Huber gelang es erstmals, die sehr schnelle Ladungsdynamik in Festkörpern in Wechselwirkung mit starken Lichtfeldern zu untersuchen: Er fand heraus, dass die Energie der Elektronen innerhalb einer sehr kurzen Zeitspanne nach ihrer Anregung durch das starke Lichtfeld nicht eindeutig zu bestimmen ist; die Elektronen befinden sich stattdessen in oszillierenden Mischzuständen, die sich je nach Richtung des Lichtfelds gegenseitig auslöschen oder verstärken. Huber konnte zudem – analog zu Kollisionsexperimenten in Elementarteilchenbeschleunigern – sogenannte Quasiteilchen in Festkörpern gezielt miteinander kollidieren lassen. Diese Kollisionen führen zu ultrakurzen Lichtblitzen, die wiederum Rückschlüsse auf die Struktur der Quasiteilchen zulassen. Zuletzt konnte Huber eine durch Lichtwellen ausgelöste Molekülbewegung in einem atomaren Zeitlupenfilm festhalten.
Rupert Huber studierte an der TU München Physik und wurde im Jahr 2003 auch dort promoviert. Nach einem dreijährigen Aufenthalt in Berkeley, USA, leitete er nach seiner Rückkehr nach Deutschland eine DFG-geförderte Emmy Noether-Nachwuchsgruppe in Konstanz. 2010 erhielt er einen Ruf an die Universität Regensburg, an der er im Institut für Experimentelle und Angewandte Physik tätig ist.
Mit Andreas Reckwitz wird einer der führenden und originellsten Gesellschaftsdiagnostiker der Gegenwart mit dem Leibniz-Preis ausgezeichnet. Er legte ebenso umfassende wie detailreiche Analysen des Strukturwandels moderner westlicher Gesellschaften vor und verband dabei soziologische Untersuchungen des Alltags, der Arbeits- und der Konsumwelt bis hin zur digitalen Subjektivierung. In seiner 2006 erschienenen Habilitationsschrift „Das hybride Subjekt“ bearbeitete Reckwitz sein zentrales Thema der modernen Subjektivität, die er anhand einer Folge von „Subjektkulturen“ seit dem 18. Jahrhundert analysierte. Diesen Ansatz vertiefte er 2012 in dem breit rezipierten Buch „Die Erfindung der Kreativität“. Darin klassifizierte er Prozesse gesellschaftlicher Veränderung als Dynamiken der Ästhetisierung in den Bereichen der Kunst, des Konsums und der Arbeitswelt insgesamt. Reckwitz‘ Arbeit kulminierte 2017 in dem gesellschaftstheoretischen Entwurf einer „Gesellschaft der Singularitäten“. Hier zeichnete er detailliert die Entwicklung von einer Industriegesellschaft hin zu einer Wissens- und Kulturökonomie nach, in der es darum geht, „Singularitätskapital“ zu mehren. Auf dieser Basis schlug Reckwitz eine neue Theorie sozialer Klassen vor und beleuchtete die Formen der Politik, die dieser Gesellschaft entsprechen.
Andreas Reckwitz studierte Soziologie, Politikwissenschaft und Philosophie in Bonn, Hamburg und Cambridge und wurde in Hamburg promoviert, wo er sich auch 2005 habilitierte. Noch im gleichen Jahr folgte er einem Ruf an die Universität Konstanz; hier war er am Exzellenzcluster „Kulturelle Grundlagen von Integration“ beteiligt. Seit 2010 ist er Professor für Vergleichende Kultursoziologie an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder sowie regelmäßiger Gastprofessor an der Universität St. Gallen.
Für seine herausragenden Arbeiten auf dem Gebiet der Blutbildung erhält Hans-Reimer Rodewald den Leibniz-Preis 2019. Er leistete zum einen wegweisende Beiträge zum Verständnis der Biologie des Thymus, einem lymphatischen Organ. Zum anderen analysierte er die Entwicklung von Zellen des Immunsystems, insbesondere von T-Zellen, die sich im Thymus entwickeln und zentral bei der zellulären Immunantwort sind, sowie von Mastzellen, die an vielen Allergien beteiligt sind. In seinen Forschungsarbeiten zur Entwicklung des Thymus und von T-Zellen konnte Rodewald durch akribische Experimente nachweisen, dass sich beim Ausbleiben des Nachschubs im Thymus eine autonome Zellproduktion herausbildet, die in einer leukämischen Transformation münden kann. So gelang es ihm mithilfe biologischer Grundlagenforschung, die Leukämieentstehung nach einer Gentherapie hämatopoetischer, also blutbildender Zellen zu erklären. Im Bereich der Hämatopoeseforschung konnte Rodewald mit seinen Untersuchungen die Bildung spezieller Blutzellen aufklären. Zudem erforschte er, wie sich verschiedene Arten von Immunzellen aus Stammzellen entwickeln und zusammen ein funktionsfähiges Abwehrsystem bilden.
Hans-Reimer Rodewald ist seit 2010 Leiter der Abteilung für Zelluläre Immunologie am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg. Er studierte Tiermedizin in Hannover und fertigte seine Promotion am Max-Planck-Institut für Immunbiologie in Freiburg an. Nach Aufenthalten am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Boston, der Harvard Medical School und dem Baseler Institut für Immunologie wurde er 1999 Professor an der Universität Ulm; von dort wechselte er auf seine jetzige Position. 2016 erhielt Rodewald den Deutschen Immunologie-Preis der Deutschen Gesellschaft für Immunologie.
Melina Schuh wird für ihre grundlegenden Forschungen zur Fortpflanzungsbiologie mit dem Leibniz-Preis 2019 ausgezeichnet. Darin beschäftigte sie sich vor allem mit der Reifeteilung von Eizellen, der Meiose. Dieser Prozess bildet die Grundlage für die sexuelle Vermehrung von höheren Organismen. Die Erforschung der grundlegenden Mechanismen der Ei-Entwicklung in Säugetieren ist kompliziert, da Eizellen nur in geringen Mengen zur Verfügung stehen und sie sich je nach Spezies unterschiedlich entwickeln. Melina Schuh konnte jedoch zeigen, dass sich humane Eizellen deutlich von Mäuse-Eizellen unterscheiden und die Arbeit mit Mausmodellen deshalb nur bedingt Erkenntnisse zur menschlichen Fruchtbarkeit und Reproduktion liefert. Sie entwickelte zudem eine Vorgehensweise, um die Chromosomensegregation in einzelnen menschlichen Eizellen durch bildgebende Verfahren zu verfolgen. Auf diese Weise konnte sie auch die fehlerhafte Segregation eingehender untersuchen, die unter anderem zur Trisomie 21 führen kann. Um einzelne Proteine in Eizellen gezielt ausschalten und so ihre molekularen Funktionen bei der Reifeteilung aufklären zu können, entwickelte Schuh ein Verfahren zur gezielten Manipulation der Gen-Ausprägung, die sie live im Mikroskop beobachten konnte. Mit diesem Verfahren sollen in Zukunft neue Ansätze für die Behandlung von Fruchtbarkeitsverlusten und Erbkrankheiten beim Menschen entwickelt werden.
Nach dem Studium der Biochemie in Bayreuth wurde Melina Schuh 2008 am Europäischen Molekularbiologie Laboratorium (EMBL) in Heidelberg promoviert. Im Anschluss wechselte sie als Gruppenleiterin an das MRC Laboratory of Molecular Biology in Cambridge, an dem sie zuletzt als Programme Leader tätig war. 2016 wurde Schuh als Direktorin der Abteilung Meiose an das Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen berufen.
Der Leibniz-Preis für Brenda Schulman zeichnet deren bedeutende biochemische und strukturbiologische Arbeiten zu den molekularen Mechanismen des Ubiquitin-Systems aus. Im Mittelpunkt ihres Forschungsinteresses stehen Formen der posttranslationalen Modifikation, bei der ein zelluläres Protein nach der vollständigen Translation verändert wird. Diese Veränderung kann durch das kleine Protein Ubiquitin (UB) oder strukturell verwandte Ubiquitin-ähnliche Proteine (UBL) ausgelöst werden. Dank Schulman ist die Modifikation durch UB oder UBL nun besser verstanden: Eine Fehlregulation führt zu zahlreichen Funktionsstörungen, wie zum Beispiel Krebs oder neurodegenerativen Störungen. Schulman konnte zudem die Frage beantworten, wie bei UB- und UBL-Modifikationen die Struktur und die Funktion ihrer Proteintargets verändert wird, um so diverse zelluläre Prozesse wie Proteintransport, Zellteilung und Autophagie zu regulieren. Dabei kombinierte sie Proteinkristallografie und Cryo-Elektronenmikroskopie mit biochemischen und zellbiologischen Methoden. Darüber hinaus entwickelte sie Strategien, um transiente Ubiquitylierungs-Intermediate zu stabilisieren und dadurch tiefe Einblicke in die molekularen Mechanismen zu erhalten. Neben diesen grundlegenden Studien arbeitet Schulman auch an der Übertragung ihrer Erkenntnisse in die Therapie.
Brenda Schulman studierte in Baltimore Biologie und wurde 1996 am Massachusetts Institute of Technology (MIT) promoviert. Nach Postdoc-Stellen in Boston und New York arbeitete sie bis 2017 in Memphis am St. Jude Children’s Research Hospital, zuletzt als Co-Direktorin der Programme Krebsgenetik, Biochemie und Zellbiologie. 2016 wurde sie Direktorin der Abteilung Molekulare Maschinen und Signalwege am Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried, seit Oktober 2018 ist sie zudem Honorarprofessorin an der TU München.
Die multidisziplinären Arbeiten von Ayelet Shachar zu Staatsbürgerschaft und rechtlichen Rahmenbedingungen in multikulturellen Gesellschaften haben sie zu einer der führenden Expertinnen auf diesem Gebiet werden lassen, als die sie nun den Leibniz-Preis 2019 erhält. Bereits mit ihrem ersten, 2001 erschienenen Buch „Multicultural Jurisdictions: Cultural Differences and Women’s Rights“ erzielte Shachar weltweit Resonanz. Darin untersuchte sie den Status von Frauen in religiösen Minderheiten und analysierte die Spannungen zwischen Traditionen, religiöser Diversität und der allgemeinen Norm der Geschlechtergleichheit. In ihrem zweiten Buch „The Birthright Lottery: Citizenship and Global Inequality“ (2009) beschäftigte Shachar sich mit Fragen der Gerechtigkeit, die sich daraus ergeben, dass Staatsbürgerschaft typischerweise nicht aufgrund eigener Verdienste, sondern zufällig erworben wird. Sie forderte, dass diejenigen, die in der „Staatsbürgerlotterie“ größere Gewinne erzielt haben, die Ungleichheiten in der weltweiten Verteilung von Chancen abmildern, etwa in Form transnationaler Verpflichtungen von wohlhabenden gegenüber ärmeren Staaten. In jüngster Zeit widmete Shachar sich dem Phänomen der „shifting borders“, also der Lösung nationalstaatlicher Grenzregimes von einem klar definierten Territorium hin zu flexiblen und variablen Zonen und Orten, in denen intensivere Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen erlaubt sind.
Ayelet Shachar studierte Politik und Rechtswissenschaften an der Universität Tel Aviv. Ihren Doktortitel erwarb sie 1997 an der Yale Law School in den USA, um danach an der Universität Toronto, Kanada, in verschiedenen Positionen ihrer Lehrtätigkeit nachzugehen. 2007 wurde sie von der Universität Toronto auf den Canada Research Chair in Citizenship and Multiculturalism berufen. Seit 2015 ist Shachar Direktorin am Max-Planck-Institut zur Erforschung multireligiöser und multiethnischer Gesellschaften in Göttingen.
Michèle Tertilt erhält den Leibniz-Preis 2019 für ihre Leistungen an der Schnittstelle von Makroökonomie, Entwicklungsökonomie und Familienökonomie, mit denen sie den Wirtschaftswissenschaften neue Perspektiven aufgezeigt hat. Tertilts Forschungsschwerpunkt liegt auf dem Einfluss von Geschlechterrollen und Familienstrukturen auf wirtschaftliches Wachstum, Investitionen in Humankapital und ökonomische Entwicklung. Mit diesem Ansatz integrierte sie die Familienökonomie in die Entwicklungs- und die Makroökonomie. In ihrer Arbeit „Women’s Liberation: What’s in It for Men?“ von 2009 untersuchte sie beispielsweise die Durchsetzung von Frauenrechten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Diese fiel vor allem in ihrer frühen Phase in Großbritannien und den USA mit einem drastischen Rückgang der Geburtenrate und einem schnellen Anstieg der allgemeinen Schulbildung zusammen. So wie bei diesem Thema verbindet Tertilt generell komplexe ökonomische Gleichgewichtsmodelle mit empirischen und wirtschaftshistorischen Untersuchungen. Darüber hinaus bringt sie sich auch in Debatten über aktuelle wirtschaftspolitische Fragen ein.
Michèle Tertilt studierte Wirtschaftswissenschaften in Bielefeld und an der University of Minnesota, an der sie auch promoviert wurde. Anschließend war sie acht Jahre als Assistant Professor an der Stanford University tätig, bevor sie 2010 einem Ruf an die Universität Mannheim folgte und nach Deutschland zurückkehrte. In Mannheim ist sie zurzeit Projektleiterin im DFG-geförderten SFB „Economic Perspectives on Societal Challenges“. Von 2013 bis 2017 war sie zudem leitende Herausgeberin der „Review of Economic Studies“, einer der renommiertesten Zeitschriften der Ökonomie.
In Würdigung seiner Pionierarbeiten zu Nanomagnetismus und Einzelmolekülmagneten wird Wolfgang Wernsdorfer der Leibniz-Preis zuerkannt. Wernsdorfer steht in besonderer Weise für die enormen Fortschritte auf diesem Forschungsfeld, das von Grundlagenuntersuchungen an Einzelmolekülmagneten bis zu molekularer Quantenspintronik reicht. Bereits als Doktorand konnte er mit dem sogenannten nano-SQUID ein bahnbrechendes Messinstrument entwickeln, mit dessen Hilfe er die magnetischen Eigenschaften von einzelnen Nanostrukturen und Molekülen untersuchen konnte. Mit diesem Gerät erkundete er weitere physikalische Phänomene, darunter den Mechanismus der Magnetisierungsumkehr. Ebenso zeigte Wernsdorfer, dass einzelne Moleküle ein signifikantes magnetisches Moment tragen und über einen langen Zeitraum eine stabile Orientierung ähnlich zu herkömmlichen Magneten aufweisen können – dies galt bis dahin als nicht möglich. Diese Einzelmolekülmagnete weisen nicht nur die klassischen Eigenschaften von Magneten auf, sondern auch Quanteneigenschaften, die sich für die Entwicklung von Quantencomputern nutzen lassen könnten. Dafür forscht Wernsdorfer zurzeit daran, kleine molekulare Quantumprozessoren in hochmoderne Quantenelektronik zu integrieren.
Wolfgang Wernsdorfer studierte an der Universität Würzburg Physik. Danach wechselte er zum Louis Néel-Institut in Grenoble, an dem er 1996 promoviert wurde, sich 2002 habilitierte und zuletzt als Research Director tätig war, bevor er 2016 als Humboldt-Professor an das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) kam.
Mit Matthias Wessling erhält einer der weltweit führenden Wissenschaftler auf dem Gebiet der Membrantechnologie und Polymerforschung den Leibniz-Preis 2019. Er wird geehrt für seine richtungsweisenden Arbeiten zur Synthese, Beschreibung und zum Verständnis semipermeabler, also teilweise durchlässiger synthetischer Membranen. Generell sind Membrane dünne Materialschichten, die zwei Räume voneinander trennen. Damit werden sie zu wichtigen Bestandteilen in vielen industriellen Prozessen, etwa bei der Wasserentsalzung, Abwasser- und Abgasbehandlung oder bei Hochleistungsbatterien und Brennstoffzellen. Durch Wesslings Forschungsarbeiten war es erstmals möglich, die Membranfunktionalität präzise zu justieren und die daraus resultierenden Wirkmechanismen zu analysieren und zu verstehen. Seine grundlegenden Untersuchungen finden inzwischen in vielen Produkten Verwendung, sowohl in der Industrie als auch in der Medizintechnik, etwa bei der Nierendialyse. Derzeit arbeitet Wessling verstärkt daran, die Welt der synthetischen und biologischen Membranen zusammenzuführen.
Matthias Wessling studierte Chemietechnik in Dortmund und Cincinnati. Danach forschte er in den Niederlanden, wo er an der Universität Twente promoviert wurde und eine Professur für Membrantechnologie innehatte. 2010 folgte er einem Ruf als Humboldt-Professor an die Forschungsinitiative „Next Generation Processes and Products“ der RWTH Aachen. In Aachen widmete er sich zudem dem Ausbau des Leibniz-Instituts für Interaktive Materialien (DWI).