Seit über einer Generation wird darüber gestritten, ob Pflanzen gentechnisch verändert werden dürfen und ob von Lebensmitteln, bei deren Erzeugung auch gentechnisch veränderte Pflanzen eingesetzt werden, gesundheitliche Gefahren ausgehen. Die neuen Methoden der „Genomeditierung“ erlauben eine präzise Veränderung innerhalb des Genoms der Pflanze, die auch durch klassische Züchtung hätte entstehen können. Genomische Techniken bieten die Möglichkeit z.B. dürretolerante Kulturpflanzen zu züchten oder solche, die weniger Pflanzenschutzmittel benötigen oder frei von Allergenen sind. Die Wissenschaft sieht in den neuen Techniken eine Chance, den weltweit steigenden Bedarf an Lebensmitteln durch effizientere Produktion nachhaltig zu sichern.
Obwohl es keine wissenschaftlichen Belege dafür gibt, dass von den gentechnisch veränderten Pflanzen Gefahren für die Gesundheit ausgehen, lehnen große Umweltschutzverbände, wie Greenpeace oder BUND, diese neuen Züchtungstechniken kategorisch ab, wie auch viele Verbraucher*innen Lebensmittel aus gentechnisch veränderten Pflanzen ablehnen. In Deutschland steht das Label „Ohne Gentechnik“ oft in einer Reihe mit Gütesiegeln, die ein Produkt als qualitätvoll und gesund auszeichnen. Obwohl das Label keinerlei Aussagen über den ernährungsphysiologischen Wert eines Produktes zulässt, suggeriert es Sicherheit gegen vermeintliche Gesundheitsrisiken während Gentechnik per se als gefährlich und gesundheitsschädlich wahrgenommen wird. Warum ist das so? Wie kann man das Vertrauen in solche Produkte und deren gesundheitliche Unbedenklichkeit stärken? Was kann die Akzeptanz in der Bevölkerung erhöhen?
Können wir es uns bei einem global steigenden Bedarf an Nahrungsmitteln, bei zunehmenden Ernteeinbrüchen durch den Klimawandel und bei schwindender Artenvielfalt leisten, auf das Potential der neuen Züchtungstechniken für eine effiziente Landwirtschaft zu verzichten? Müssen wir im Sinne einer globalen Ernährungssicherung nicht das Potential gegen die möglichen Risiken abwägen? Und stehen ökologische Landwirtschaft und die Nutzung der neuen Züchtungstechniken tatsächlich in einem Widerspruch?
Matin Qaim ist Professor für Agrarökonomie und Direktor des Zentrums für Entwicklungsforschung (ZEF) an der Universität Bonn. Er studierte Agrarwissenschaften in Bonn und Kiel. Vor seinem Wechsel nach Bonn hatte er Professuren an den Unis in Göttingen und Stuttgart-Hohenheim. Einer seiner Forschungsschwerpunkte sind Innovationen für mehr Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft, darunter auch gentechnisch veränderte Pflanzen. Dazu führt er seit über 25 Jahren Projekte in Europa, Afrika, Asien sowie Nord- und Südamerika durch.
Jana Rückert-John studierte Sozialwissenschaften mit Schwerpunkt Umweltsoziologie, Umweltpolitik und -planung an der Humboldt-Universität Berlin und der Universität Oldenburg. Ihr Karriereweg führte sie an der Universität Hohenheim zum Fachgebiet Sozialwissenschaften des Agrarbereichs, an das Zentrum Technik und Gesellschaft der Technischen Universität Berlin, wo sie stellvertretende Leiterin des Forschungsbereichs „Landnutzung und Konsummuster“ war. Seit April 2014 ist sie Inhaberin der Professur „Soziologie des Essens“ an der Hochschule Fulda. Ihre Forschungsschwerpunkte sind: Wandel des Ess- und Ernährungsalltags und nachhaltige Ernährung sowie Genderforschung.
Jan Plagge studierte Gartenbauwissenschaften an der TU München, Weihenstephan. 1993 stellte er den elterlichen Betrieb auf Ökolandbau um. Seit 2000 ist er bei Bioland beschäftigt, zunächst als Geschäftsführer des Bioland Erzeugerring Bayern e.V., dann als Geschäftsführer der Bioland Beratung GmbH und schließlich seit 2011 als Präsident des Bioland e.V. Auf europäischer Ebene vertritt Jan Plagge die Interessen der Bio-Branche seit 2018 als Präsident von IFOAM Organics Europe.
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